Erhellte Nacht

Glattgedanken

| Christian Ulrich

Täusche ich mich, oder wurde in diesen Tagen in unserem Dorf die Nacht stärker erhellt als auch schon? Ich verstehe: Viele Menschen finden diesen Pandemie-Winter bedrückender und finsterer als in anderen Jahren. Also tun sie etwas dagegen: Sie machen Licht.

 

Meinen Rundgang beginne ich oben auf der Dorfstrasse. Rechts werde ich mit einer veritablen Light-Show begrüsst. Am erleuchteten Haus ist alles dabei: Rentier mit Schlitten, Zwerg auf Skiern mit flatternder Zipfelkappe, Dampflok und Wagen mit blinkenden Rädern. Am Gartenhag steht ein Schneemann und an der Stirnwand des Hauses läuft eine Lichtprojektion. Vor dem Haus die helle Freude – und hinter dem Haus? Hinter dem Haus das dunkle Grauen: Im Garten hockt ein eisernes Ungeheuer!

 

Die einfachen schönen Sterne, welche die Leute vom Werkhof aufhängten, führen mich die Dorfstrasse abwärts.

Links läuft an einem Einfamilienhaus eine actionsreiche Projektion mit Schneefall, und rechts steht der wunderbare Holz-Weihnachtsbaum der Schreiner. – Überall leuchten Sterne mit Schweif, Samichläuse, tropfende Eiszapfen und Lichterschlangen an Balkonen und Dachrinnen. Im Dorfzentrum steht ein Baukran, darauf strahlt ein riesiger Stern mit Schweif. Vom Laubberg aus gesehen wirkt das Dorf unter diesem Stern fast ein wenig wie Bethlehem. Seit vielen Jahren ziert die Firma Specogna zu unserer Freude ihre Baukrane in der Weihnachtszeit mit einem Stern. Zwei Monteure brauchen für die heikle Montage zwei Stunden, erfahre ich vom Polier.

Von der Hegstenbrücke an auf dem Glattuferweg flussaufwärts wird der Lichterreigen immer bunter und findet seinen Höhepunkt bei den Mehrfamilienhäusern im Spinnereiquartier. Die Staltigstrasse aufwärts blinkt ein dicker Schneemann, und tanzende Sterne leuchten mir heimwärts. - Die Nacht verliert ihre Finsternis.

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