Ein Haus mit einer ganzen Fassade aus farbigen Solarmodulen

| Ruth Hafner Dackerman

Das erste Projekt im Kanton Zürich in der Landwirtschaftszone, bei dem eine ganze Hausfassade mit Solarmodulen versehen wird, sorgt bei Passanten für Aufsehen und ist ein wegweisender Schritt in die Zukunft.

Hoch oben am Nordhang von Glattfelden liegt die Wölflishalde. Das letzte Haus mit Baujahr 1825 steht an der Grenze zu Eglisau. Der Swimmingpool gehört sowohl zur Gemeinde Glattfelden als auch zu Eglisau. «Wenn ich hier meine Längen schwimme, geht es mehrmals von Glattfelden nach Eglisau und wieder zurück», sagt Manuel Keiser schmunzelnd. Hier scheinen sich Fuchs und Hase gute Nacht zu sagen. Idylle pur, samt viel Umschwung. Bewohnt wird das Haus von der 92-jährigen Therese Keiser, ihrem 35-jährigen Enkel Manuel, dessen Partnerin Nadia und zwei Kindern. Vor dem Haus liegen seit einiger Zeit mehrere Paletten mit gut verpacktem Inhalt. Spaziergänger und Jogger bleiben oft stehen und wundern sich, was hier geschieht. Hugo Keiser, welcher mit seiner Firma Hugo Keiser AG seit 33 Jahren neben den Bereichen Heizungsbau, Heizungssanierungen und Sanitäranlagen die Sparte Solarenergie unter der Marke "Solarkeiser" stetig erweitert hat, gibt Auskunft zum Projekt. Entstehen wird ein eigentliches Solarhaus mit Anlageteilen in Form von 150 Fassaden-Spezial-Modulen, 160 Indach-Modulen, zehn Standard-Modulen (Flachdach), Batteriesystem und Notstrom-Einrichtung.

Jährlicher Stromverbrauch um 60 Prozent übertroffen

«Unser Ziel ist es, anstelle einer schon länger anstehenden Standard-Fassaden- und Dachsanierung bei einer eigenen Liegenschaft ein Solarhaus zu realisieren. Die Sanierung hätte per se bereits erhebliche Kosten verursacht.» Trotz wegfallenden Kosten bei Maler- und Gipserarbeiten werden Mehrkosten von rund 50 Prozent entstehen. Zwei Aspekte sind für Hugo Keiser wichtig aufzuzeigen. «Fotovoltaik an Fassaden muss nicht immer nur schwarz, sondern kann auch schön sein.» Zudem werde im Winter zwar am meisten Strom benötigt – «Stichwort Winterstromlücke» - eine Solaranlage auf dem Dach produziere aber bei tiefem Sonnenstand genau dann am wenigsten Strom. «Bei Schnee, Eis oder Reif gibt es fast gar keinen Ertrag. Ist die Fassade steil, kann im Winter jedoch mehr Energie erzeugt und sogar überschüssiger Strom, wie im Sommer, zurück ins Netz gespeist werden.» Die gesamte Anlage werde im Jahr über 19'000 kWh produzieren und übertreffe damit den jährlichen Stromverbrauch von Wohnhaus und Gewerbeteil um rund 60 Prozent.

Einmalvergütung durch den Bund

Keiser kann mit einer Einmalvergütung des Bundes - abhängig von Inbetriebnahme-Datum der Anlage - in der Grössenordnung von 11’000 Franken rechnen, wovon der Projektteil mit Fassadenmodulen, da teurer und aufwendiger, sogar einen Neigungswinkelbonus erhält. Bei den Fassadenmodulen handelt es sich um eigens für dieses Projekt gefertigte, farblich stimmige rahmenlose Doppelglasmodule. Jedes dieser Module wiegt 25 Kilogramm.

Im Normalfall muss in Bau- und Landwirtschaftszonen ein Meldeformular für Solaranlagen eingereicht werden. Bei Realisierung ausserhalb der Bauzone einer Fassadenanlage erfordert es jedoch ein reguläres Baugesuch. Für die Behandlung dieses Gesuches und die Beurteilung der eingesetzten Module durch die Baudirektion wurde ein Muster-Modul nach Zürich geschickt. Damit konnte eine zuvor verlangte aufwendige und teure Gebäude-Visualisierung abgewendet werden.

So soll die Fassade des 140 Quadratmeter grossen Wohnhauses mit hellgrauen Solarmodulen ausgestattet werden, diejenige des anliegenden Gewerbeteils mit dunkelgrauen Solarmodulen. Die Fensterläden werden durch Rollläden ersetzt. Das Krüppelwalmdach wird aufgehoben, damit mehr Indachmodule und weniger Blindmodule möglich sind und das Dach besser zur neuen moderneren Gebäudeoptik passt. Nach einer ersten Einwendung wurde das Projekt durch den Kanton gutgeheissen. Im März wurde von der Gemeinde Glattfelden die Baubewilligung erteilt. Nach erfolgter Baufreigabe kann es mit der Arbeit losgehen.

Rund zwei Jahre Umbauzeit

Gerechnet wird mit einer Umbauzeit von rund zwei Jahren, da Vater und Sohn die meisten Arbeiten ausserhalb der regulären Arbeitszeit im Betrieb durchführen. «Wir werden in Etappen arbeiten.» An Fachwissen bringen die beiden vieles mit – auch Sohn Manuel ist ausgebildeter Sanitärinstallateur und Solarteur. Für die Anpassungen an der Dach-Konstruktion brauche es allerdings einen Profidachdecker – «keine ganz einfache Arbeit», sagt Hugo Keiser. Auf das alte Mauerwerk kommt eine feuerfeste Isolation. Dann werden die Module mit den Massen 1.20 Meter auf 60 Zentimeter auf einer stabilen Unterkonstruktion angebracht. An Stellen, an welchen kein ganzes Fassadenmodul Platz hat, werden massgenaue gleichfarbige Blindmodule montiert, hergestellt in einer auf Metallverarbeitung spezialisierten Firma.

Fledermäuse sind geschützte Tiere

Im Projekt vorgesehen wäre für willkommenen zusätzlichen Stromertrag im Winter auch die Installation von zwei Micro-Windkraftanlagen mit einem Durchmesser von je 1.20 Metern gewesen – eine auf dem ungenutzten Kamin des Wohnhauses, eine weitere nördlich des Wohnhauses auf einem vom Sturm abgeknickten Baumstrunk. Dieses Gesuch wurde von der Zürcher Baudirektion in einer Aktenergänzung allerdings abgelehnt – der Grund: Fledermäuse. Die Fachstelle für Naturschutz begrüsse grundsätzlich den Bau von Kleinwindkraftanlagen. Diese würden einen Beitrag zur nachhaltigen Energiegewinnung leisten, heisst es in einem Schreiben, das dieser Zeitung vorliegt. Bei der Wahl des Standorts seien neben Faktoren wie Windpotenzial aber auch naturschutzfachliche Belange zu berücksichtigen. «Kleinwindkraftanlagen können sich negativ auf Fledermäuse und Vögel auswirken. Insbesondere können Kollisionen mit den Rotorblättern zum Tod oder zu Verletzungen der Tiere führen.» Keisers bezeichnen sich selbst als Vogelfreunde und freuen sich über die alljährlich brütenden Turmfalken in einer benachbarten Scheune. Sie bedauern jedoch den Entscheid etwas, da auf der Wölflishalde gerade bei schlechtem Wetter, wenn Fledermäuse nicht fliegen, oft viel Wind bläst. «Wir können aber damit leben». In einer Projektänderung wurden die zwei Kleinwindkraftanlagen nun nicht mehr aufgeführt. Eine Frage bleibt aber schon: «Warum dürfen sich die Rotoren der künftig geplanten bis zu 235 Meter hohen Windkraftanlagen - aufgestellt inmitten bewaldeter Höhenzüge - im Kanton Zürich drehen, wenn schon Minilösungen nicht möglich sind?»

Keine Solarmodule mehr an Zürcher Fassaden?

Einigen Wirbel verursacht hatte letztes Jahr die Zürcher Gebäudeversicherung. Sie toleriere an grösseren Gebäuden keine Solarpanels mehr. Der Grund: Brandgefahr. Dies sei so nicht mehr aktuell, bestätigt Hugo Keiser. Der kurzfristige Stopp habe in der Branche eine Riesenverunsicherung verursacht, sei inzwischen für Gebäudehöhen bis elf Meter aber aufgehoben worden. Für grössere Gebäudehöhen sind die Vorgaben aktuell in Bearbeitung. «Dennoch müssen sämtliche allgemeinen Vorschriften eingehalten werden, um eine Bewilligung zu erhalten.» Module wie bei Keisers Solarhaus bestehen aus zwei massiven Glasscheiben, seien also nicht brennbar.

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