Der Kurzschluss

Glattgedanken

| Christian Ulrich

Es war noch im alten Jahr, als sich die Vögel der Region zu ihrem Monatstreffen abends im Wald des Häuligrabens am Laubberg trafen. Rotmilan Kuno hatte als Vorsitzender im November angedeutet, dass es wichtig sei, wenn an der letzten Versammlung des Jahres möglichst viele in den Häuligraben kämen. Es stünden fürs neue Jahr Probleme an, die besprochen werden müssten. Und so sassen an diesem Dezemberabend etliche Dutzend Gefiederte aller Grössen beisammen auf den Ästen. Käuze, Krähen, Greifvögel, Spechte, Häher, Meisen, usw. warteten gespannt auf Kunos Worte.

Der kam schnell zur Sache: «Uns fehlt zunehmend die Nahrung. Die Brutpaare hierzulande brauchen während ihrer Brutzeit täglich Hunderte von Insekten. Aber in einem Maisfeld, so wie es heute angebaut wird, leben kaum mehr Insekten. Pestizide und Kunstdünger sind zunehmend unsere Feinde. – Andererseits geht es uns in besiedelten Gebieten besser als zwischen Wiesen und Äckern. Wenn man sich dort anpasst, findet man unerwartet richtige Futtertröge. Als Fleischfresser mache ich auch in Glattfelden solche Erfahrungen. Umgekehrt sehe ich hier aber immer mehr Beton- und Asphaltwüsten, grossflächige Garageneinfahrten und Parkplätze. Das Schlimmste aber – und da werden mir die Meisten beipflichten – sind neuerdings Steingärten. Damit es nichts zu pflegen gibt, wird der Garten kurzerhand mit Steinen und Felsbrocken gefüllt und unsere kleinen Freunde finden keine Nistplätze mehr.» Darüber wurde lange diskutiert und hin und her gezwitschert, bis es Kuno zu bunt wurde. Er unterbrach: «Wir müssen jetzt handeln! Ich gehe voran wie Winkelried. Anfang Januar hört ihr von mir.»

Am 10. Januar abends waren grosse Teile der Gemeinde Glattfelden etwa eine Stunde lang ohne Strom. Ein Milan hatte in der Nähe des Kieswerks Toggenburger einen Kurzschluss verursacht.

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