Ein Millennial in der Krise

Die Flügel der Anderen

| Koni Ulrich

Der in Glattfelden auf der Wölflishalde aufgewachsene Raffael Rihs hat in Winterthur seinen ersten Roman, «Die Flügel der Anderen», vorgestellt. Darin schildert der Autor und Musiker einen nachdenklichen jungen Mann, der mit vielem hadert – etwa mit der unaufhaltsamen Digitalisierung des Alltags – und sich deshalb gern in den Wald zurückzieht.

Wenn Raffael Rihs auf dem «Promisessel» im Winterthurer «Lokal beim Zeughaus Teuchelweiher liest, wie sein Protagonist Serafin erstmals der jungen Buchhändlerin Cleo begegnet, könnten wir uns auch im Zürcher Papiersaal des Literaturclubs befinden. Das zahlreiche und altersmässig sehr gemischte Publikum ist gespannt und aufmerksam, lauscht andächtig und am Schluss der Veranstaltung wird der «Lokal Hero» – so heisst die aktuelle Veranstaltungsreihe vor Ort – seinen vom Verlag «Caracol» mitgebrachten Bücherstapel los haben. Und dies gleich bei seinem ersten literarischen Wurf, der ihn immerhin sieben Jahre des jungen Lebens gekostet haben soll, wie in der Laudatio von Verlagsleiterin Irène Bourquin zu vernehmen ist. Rihs ist 40-jährig und arbeitet im Leben neben dem Schreiben als Gitarrenlehrer im Teilpensum. Ausserdem engagiert er sich in verschiedenen Bandprojekten. Für das Manuskript des aktuellen Romans hat er von der Stadt Winterthur einen Werkbeitrag bekommen.

Berührende Figuren

«Gutes Thema, eigener Ton, berührende Figuren» waren drei der wichtigsten Kriterien, welche der Autor zu erfüllen hatte, um in den Output des kleinen, aber feinen Verlags aufgenommen zu werden. Nun, der einstige Glattfelder und heutige Winterthurer hatte den Test mit seiner Geschichte über die nicht ganz einfache Entwicklung eines jungen Mannes bestanden. Dieser Serafin wird erstmals richtig gefordert, als er merkt, dass seine neue Freundin, die Buchhändlerin, sich sehr zu den «Freebirds» hingezogen fühlt. Diese werden von Steve, einem charismatischen Typen angeführt und wollen nicht weniger, als sich ganz von der digitalen Welt verabschieden. Nicht nur in jener radikalen Gruppe, auch im Austausch mit weiteren Frauen und Männern, die ihm begegnen, geht es immer wieder um Engagement und Abgrenzung, wo sich der junge Mann noch auf recht unsicherem Parkett bewegt. Am wohlsten ist es ihm deshalb im Wald, wohin er sich immer wieder zurückzieht.

Verwandt mit Radiohead

Zwischen den einzelnen Textstellen, welche der Autor an der Vernissage vorliest, setzt sich jeweils Thomas Bloch Bonhoff ans Klavier, um selber arrangierte Melodien der Band Radiohead vorzutragen. «Die Auswahl dieser Musik ist kein Zufall», erklärt der Autor. Die geschilderte Stimmung, die sich durch seinen Roman hinziehe, passe ganz gut zu den ziemlich gewagten Tonfolgen dieser aussergewöhnlichen Band. Deren Melodien seien auch kaum gefestigt und immer bereit für Überraschungen. Tatsächlich verliert sich der Pianist zeitweilig in selig schwingenden Harmonien, um Sekunden später die Tasten des Klaviers mit ekstatischen Ragtime-Schlägen zu traktieren. Nach diesem Programmteil geht es ans Signieren der Taschenbücher, welche ab sofort in jeder Buchhandlung zu finden sind.

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