Swiss American Lunch im Kirchengarten

Von Memphis nach Glattfelden: Eine Reise zur Wurzel sieben Generationen zurück

| Koni Ulrich

Wendy Welter Meyers hat zwar den Glattfelder Namen im Verlauf der sieben Generationen seit ihrem Vorfahren Hans Rudolf Glattfelder verloren, ihre Wurzeln führen dennoch ins Dorf. Letzterer war als Kind 1743 mit seinem Onkel Casper Glattfelder nach Amerika ausgewandert. Sowohl beim Lunch im Kirchengarten wie auch vor dem eben eröffneten Wasserrad fühlten sich Wendy und ihr Gatte Brent herzlich willkommen in der Gemeinde Glattfelden, ihrem «Homeland».

Das pensionierte Ehepaar Wendy Welter Meyers und Ehemann Brent Meyers waren aus der Elvis Presley-Stadt Memphis (Tennessee) angereist. Die Gesellschaft, die sich im Kirchengarten zum Lunch versammelte, umfasste neben dem Besuch aus Amerika aber auch «echte» Glattfelder. Die Ostschweizer Gruppe von Glattfeldern mit fünf Personen (Teddy und Edith sowie Tochter Sandra aus Weiningen und Teddys Bruder Andy mit Ehefrau Marti aus Schaffhausen, alle immer noch mit Bürgerrecht in Glattfelden), hatten sich am Vormittag schon ihren entfernten Verwandten angenommen (Wendy ist eine Cousine 8. Grades zu Teddy und Andy) und zeigten den beiden das mittelalterliche Städtchen Stein am Rhein, den Rheinfall und ebenso Eglisau, wo ihre Vorfahren im 18. Jahrhundert schätzungsweise zu ihrer Auswanderung in die USA aufbrachen. In Glattfelden selbst hatte sich im Vorfeld eine Idee des Partners von Pfarrerin Käthi Rechsteiner, Andreas, hervorgetan. «Anstatt wie sonst in eine Wirtschaft zu gehen, könnten wir doch bei diesem Sommerwetter in unserem Garten für alle etwas Kleines kochen?» So etwas lässt sich ein Organisationskomitee, inklusive Gemeindepräsident Marco Dindo, nicht zweimal sagen. Am Samstag um 13 Uhr wurde so Zürcher Geschnetzeltes mit zwei verschiedenen Saucen und gemischtem Salat serviert. Das Dessert, «homemade Swiss Chocolat Brownies» und Thurgauer Erdbeeren, war von Edith mitgebracht worden, sehr zum Wohl der Gesellschaft.

Gleiche Wurzeln vor neun Generationen

Andreas Rechsteiner zeigte den Amerikanern danach das Innere der Kirche, angereichert mit einem beeindruckenden Lied, welches er selber, begleitet von seiner Gitarre, auf der Empore zum Besten gab. Wendy vernahm, dass hier ihre Vorfahren rund um Caspar Glattfelder im 18. Jahrhundert getauft und vermählt worden waren, bevor sie die Reise nach Übersee angetreten hatten. Zwei Dinge waren diesmal speziell: Sandra Glattfelder erläuterte den gemeinsamen Stammbaum. Sowohl die Spuren ihres eigenen Clans als auch jene von Wendys Familie in der 9. Generation gehen rückwärts auf den Grossvater von Casper und dessen Bruder Hans Peter zurück. Grossvater Felix hatte 1632 bis 1709 gelebt. Caspar (1709 – 1772) war zusammen mit seiner Schwägerin Salome Glattfelder-Amberg und ihren vier Kindern 1743 auf dem Schiff. Salomes Ehemann und Caspars Bruder, Hans Peter (1700 – 1742, Wendys Ur-Ur-Ur-Ur-Grossvater), war bei einem ersten Versuch der Auswanderung im Jahr zuvor tragischerweise im Rhein kurz vor Basel ums Leben gekommen. Als zweiten verblüffenden Fakt zeigte Andreas Rechsteiner auf einen aufgehängten Grabstein im Kirchenschiff. Dort ist ausgerechnet jener Pfarrer verewigt, der zur Zeit vor der Auswanderung der Glattfelder-Familien in der heimischen Kirche tätig gewesen war.

Wasserrad und Holzbrücke

Nach dem gemeinsamen Mittagessen verschob sich die Gesellschaft in den Hundig, um das eben eingeweihte, grösste Wasserschöpfrad Europas zu bestaunen. Dort genossen nach den vorangegangenen Festivitäten und Führungen noch einige Glattfelder den Ausklang in der Festwirtschaft, wo sich die fremden Besucher gern anschlossen, Sprachbarriere hin oder her. Fast so wie vor vielleicht dreissig Jahren, als eine grosse Amerikanergruppe einmal per Bus angefahren war und zufällig ausgerechnet zum dreitägigen Dorffest eintraf. Nach der Rückkehr ins Dorf bestaunten die Gäste noch das Graue Haus des Gottfried Keller-Zentrums und machte einen kleinen Spazierganz zur Holzbrücke. Das obligate Gruppenbild rundete den Tag ab. Für das nächste Jahr im September ist laut der Website «glattelder.us» übrigens wieder eine Europareise ausgeschrieben, welche den Glattfelder Tag prominent im Programm trägt.

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