Altes Handwerk neu entdeckt

Verein Spitzen-Atelier

| Ruth Hafner Dackerman

Klöppeln ist ein Kunsthandwerk, welches im 15. Jahrhundert entstand. Noch immer ist das Klöppeln beliebt und findet Anhängerinnen. Der Verein Spitzen-Atelier bietet Kurse an.

Am späten Mittwochnachmittag sind die fünf Kursteilnehmerinnen im Spitzen-Atelier dabei, ihre Klöppelsachen einzupacken. Sie haben an unterschiedlichen Projekten gearbeitet, geniessen das Zusammensein und die fachlichen Inputs der Kursleiterin Mathilde Erni. Seit acht Jahren besteht der Verein Spitzen-Atelier – der kleinste Verein Glattfeldens. Zu den Gründungsmitgliedern gehören Mathilde Erni, Vreni Lauffer und Christine Meier. «In Bülach war das Kurslokal damals nicht mehr verfügbar. Der Raum beim Gottfried-Keller-Zentrum, welcher früher ein Brockenstübli und später einen Coiffeursalon beherbergte, wurde frei – ein Glücksfall für uns», sagt Mathilde Erni. Drei Klöppelkurse pro Jahr werden durch die drei ausgebildeten Kursleiterinnen angeboten. Während sechs Wochen heisst es, sich jeweils zweieinhalb Stunden in eine selbst gewählte Arbeit zu vertiefen. Die Technik sei einfach erlernbar. Anfangs entstehen kleine Musterarbeiten, später können dann diverse Kunstwerke entstehen. «Nach sechs Kurswochen gibt es Erfolge in Form eines Blümchens oder eines Buchzeichens.» Mathilde Erni zeigt auf einen spitzenversetzten Fächer. In unzähligen Arbeitsstunden hat sie diesen geklöppelt. «Bei unseren Kursen geht es neben der kunsthandwerklichen Weiterbildung immer auch um den sozialen Aspekt.» Viele Gespräche würden geführt, man komme sich menschlich näher. Teilweise kommen die Teilnehmerinnen und sogar vereinzelte Teilnehmer von weit her, um den Klöppelkurs zu besuchen. «Klöppeln ist gut für das Gedächtnistraining – man muss mit beiden Händen arbeiten – nach rechts kreuzen, nach links drehen.»

Eine neue Altardecke für die reformierte Kirche

Momentan sind Mathilde Erni, Vreni Lauffer und Christine Meier an einem besonderen Projekt beteiligt. Sie wollen für die reformierte Kirche eine Altardecke anfertigen. Abwechslungsweise nimmt jede der drei Fachfrauen die Decke nach Hause und fertigt mehrere Motive mit Herzen und Kreuzsymbol an, gemäss Anleitung eines finnischen Musters. Auf 165 Arbeitsstunden schätzt Mathilde Erni diese Arbeit. Entsprechend hoch wurde sie auch versichert. Pfarrerin Kathi Rechsteiner durfte das Muster vorschlagen. Bevor die neue Altardecke während eines Gottesdienstes offiziell übergeben wird, gilt es, weitere Stunden für die Verarbeitung aufzuwenden. «Der Hohlsaum muss noch genäht und die letzte Seite fertiggestellt werden.»

Zum Starten einer Arbeit braucht es 20 bis 30 Klöppel – bei Fortgeschrittenen sind es mehrere Hundert davon. Hergestellt werden die Klöppel aus Ebenholz, Rosenholz, Palisander- oder Palmholz durch einen Drechsler. Sie besitzen sogar eigene Namen wie Binche-Klöppel, Steckborner-Klöppel oder Lauterbrunnen-Klöppel. Im Spitzen-Atelier dürfen etliche handwerkliche Kunstwerke bestaunt werden - von kleinen Deckeli über Strumpfbänder, jahreszeitenbezogenen Dekoartikeln bis hin zu modischen Accessoires wie Loop-Schals und Schmuckbändern. Sogar ein Trauringkissen fehlt nicht. «Es wäre schön, wenn sich vermehrt auch junge Leute für dieses traditionelle Handwerk interessieren würden», wünscht sich Mathilde Erni.

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