Glattfelden anstelle von London

| Christian Ulrich

Eine der Lehrerinnen im Schulhaus Hof habe in ihrem Schulzimmer eine Skyline von London hängen. Das habe sie inspiriert, sagt Sekundarschülerin Finja Scherer, und beim Gespräch in der Familie sei ihr klar geworden, dass sie etwas Bleibendes schaffen wolle. Aber die Skyline als Projekt für ihre Abschlussarbeit an der Oberstufe sollte natürlich diejenige von Glattfelden sein.

Den Ort, wo das Werk platziert werden soll, hat Finja bereits auserwählt. Es ist die eine Wand im Entrée des Hauses wo sie wohnt. Diese wird dafür blau gestrichen. Eine indirekte Led-Beleuchtung soll das Ganze dann richtig zur Geltung bringen. Aber soweit ist die Sache noch nicht.

 

Was soll die Skyline von Glattfelden prägen? Diese Frage stand ganz am Anfang der Geschichte und Finja wählte dafür folgende Objekte: Zwei Pappeln, wie sie markant vom Laubberg grüssen; das Wasserrad im Hundig; die hölzerne Hegstenbrücke; den alten Fabrikkamin mit Storchennest; das alte Hauptgebäude des Schulhauses Hof; die reformierte Kirche und den Bahnviadukt über die Glatt bei Rheinsfelden. Finja war wichtig, dass man die 3D-Objekte erkennt, auch wenn sie in der Skyline nur zweidimensional dargestellt werden. Darum durfte die Alarmanlage auf dem Schulhausdach auf keinen Fall fehlen und musste beim Kirchturm das Käsbissendach mit der Turmuhr um 90 Grad gedreht werden.

 

Die «Skylinerin» begann Mitte Februar mit dem Fotografieren der Objekte. Nach den Fotos zeichnete sie diese dann von Hand mit Hilfe eines Computer-Programms und scannte die Zeichnungen ein. Dann lud sie die Daten auf einen Stick und fuhr damit zu ihrem Grossvater nach Oberembrach. Der besitzt nämlich eine Fräsmaschine, die computergestützt arbeiten kann. Das Herunterladen und Bearbeiten der Zeichnungen auf dem Computer der Maschine gab nochmal viel zu tun; mit Hilfe der x- und y-Achsen muss deren Arbeit dirigiert werden. «Das Zeichnen machte Spass, aber ich war dann doch froh, als ich damit fertig war», sagt Finja.

 

Jetzt konnten die Teile einzeln aus dem 6 Millimeter dicken Sperrholz ausgefräst werden. Finja berichtet: «Wir mussten an Grossvaters Maschine viel ausprobieren, denn die Anleitung war natürlich für andere Arbeiten geschrieben. Ein Problem war, dass man nur Einzelteile der Grösse bis höchstens 50 mal 18 Zentimeter bearbeiten konnte, sodass ich zum Beispiel das Schulhaus in zwei Teilen ausfräsen musste. Auch musste ich aufpassen beim Einspannen der Werkstücke, damit der Maschinenkopf bei seiner Arbeit nicht in eine Schraubzwinge fuhr, mit welcher das Holz festgehalten wurde.»

 

Die Maschine fräste das Holz schrittweise, Millimeter für Millimeter heraus. «Ich musste die Späne laufend absaugen und darauf achten, dass die Sache nicht zu heiss wurde», erzählt Finja weiter. «Zuerst hatte ich die Innenteile, zum Beispiel die Kirchenfenster, herausgefräst, dann den Umriss. Trotz sorgfältigem Einstellen musste die Maschine bei der Arbeit an einem Objekt oft zwei- oder dreimal unterbrochen werden, weil etwa der Ausgangspunkt auf der Zeichnung und auf dem Holz nicht identisch waren. Aber – ich habe es geschafft und das Ergebnis freut mich. Auf der Rückseite der Skyline habe ich noch eine Leiste montiert für die Ledschlange, die von hinten die ausgefrästen Objekte anleuchten soll. Insgesamt war ich in der Werkstatt meines Grossvaters vier ganze Samstage an der Arbeit.

 

Damit die Skyline an der beleuchteten Wand gut zur Geltung kommt, hat Finja sie schwarz gespritzt und als Farbtupfer an der Hegstenbrücke das Glattfelder Wappen und am Kirchturm das Zifferblatt als durchsichtige Folien eingesetzt. Das Werk wirkt sehr gelungen und es scheint, an Finja gehe eine gute Handwerkerin verloren, denn im Sommer beginnt sie die KV-Lehre in der Stadtverwaltung Bülach.

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