Stefan und Ernst

Glattgedanken

| Christian Ulrich

Beim ersten Anblick des fliegenden Autos fühlte ich mich im Science-Fiction-Film. Aber beim Ausrollen auf der Landepiste wurde mir klar: Das ist real! Als der Wagen stand, klappte der Pilot per Knopfdruck die Flügel ein. Das verlief ähnlich wie beim Vogel, der sich auf dem Ast niederlässt, nur viel langsamer. Dann wurde der Schwanz mit den zwei Steuerflossen eingezogen, bis er nur noch wie ein grosser Heckspoiler aussah. Nach dieser Metamorphose setzte sich der Fahrer (vorher Pilot) ans Steuer, verliess den kleinen Flughafen in der Slowakei und reihte sich auf der Autobahn in den Verkehr ein, als wäre nichts gewesen.

 

Kurz vor dem Jahreswechsel erhielt Stefan Klein (62), slowakischer Ingenieur und Designer, von den Behörden die Erlaubnis, seinen Aircar (siehe Internet) auf der Strasse und in der Luft nutzen zu dürfen. Seit 30 Jahren tüftelte Klein an seinem Projekt. Jetzt schaffte er mit seinem kleinen Team den Durchbruch, noch vor den Giganten Airbus und Boeing. Das muss ein wahnsinniges Gefühl sein. Was mich an der Sache besonders fasziniert: Sein Projekt kann alle Interessierten erfreuen. Es lebt von der sichtbar arbeitenden Technik.

 

Stefan Klein hat einen Vorgänger: Ernst Neumann-Neander, geboren in Kassel (1871-1954), war ein genau so leidenschaftlicher Tüftler. Auf ihn stiess ich auf der Suche nach einem geeigneten Fahrzeug, welches sich gut als Modell nachbauen lässt. Neumann war ein kleines Universalgenie. Er konstruierte Fahrzeuge, war aber auch Kunstmaler, Grafiker und Kabarettist. Seine drei- und vierrädrigen Objekte nannte er Fahrmaschinen. Es waren kleine, leichte, schwach motorisierte Fahrzeuge mit sichtbar arbeitender Technik. Sie wurden Cyclecars genannt und könnten, gemäss Mobilitätsexperten – elektrisch betrieben - im Stadtverkehr der Zukunft eine wichtige Rolle spielen.

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