«Wer den Lärm nicht verträgt, ist hier am falschen Ort»

Schule Glattfelden

| Margrith Wohlgemuth

Anlässlich der Pensionierung der Leiterin «Familienergänzende Tagesstrukturen» der Schule Glattfelden stellte sich Diana Wartmann zum Interview. Das Gespräch führte Margrith Wohlgemuth am 9.1.2023.

Kannst du mir etwas über deinen Werdegang erzählen?

In Oberengstringen bin ich aufgewachsen und wohne heute in Oberweningen. Nebst der Mutterschaft und der Belastung die die langjährige Führung eines Coiffeurgeschäfts mit sich brachte, bildete ich mich weiter zur Maltherapeutin und zur Mentaltrainerin. In der Folge arbeitete ich als Dozentin, als Mentalcoach und bot Malkurse im eigenen Atelier an. Dies sind wohl nicht die klassischen Voraussetzungen für die Tagesbetreuung von Kindern. Da ich aber Kinder wirklich sehr liebe und durch meine vielseitigen organisatorischen und menschlichen Erfahrungen einen gefüllten Rucksack mitgebracht habe, hat das ganz gut zum Jobprofil in der Kinderbetreuung gepasst. Etwas aufbauen, im Team arbeiten und dieses Team auch durch das organisatorisch und menschlich anspruchsvolle Alltagsgeschäft zu führen, hat mir schon immer gefallen.

Was sind deine hauptsächlichen Arbeitsbereiche?

Der organisatorische Aufwand für die Koordination der Arbeitspläne für uns sechs Angestellte ist enorm. Die mehrmals täglich wechselnde Anzahl anwesender Kinder, abhängig von Tageszeit, schulischen Ausflügen, Weiterbildungstagen, Jokertagen, kranken Kindern, unterschiedlich intensiver Nutzung der Betreuung, unterschiedlichem Betreuungsaufwand für einzelne Kinder und gelegentlich unzuverlässiger Abmeldung fordern eine aufwändige, zuverlässige Organisation. Kinder, die nicht erscheinen und nicht abgemeldet worden sind, müssen telefonisch gesucht werden, wenn nötig auch mit dem Auto im Dorf. Andere Kinder müssen abgeholt oder auf den Bus gebracht werden. Sind die Kinder ordentlich angemeldet, haben wir eine Obhutspflicht, die wir sehr ernst nehmen. Menuplanung, Teambesprechungen und Elternkontakte kommen dazu.

Das tönt sehr anspruchsvoll. Wie gross ist denn das Angebot? Und wieviele Kinder betreut ihr überhaupt?

Das ist sehr unterschiedlich. Für die Morgenbetreuung können die Kinder schon um 7.00 Uhr vor der Schule oder dem Kindergarten kommen. Über Mittag kommen sie zum Essen und anschliessend zum Spielen, bis die Schule wieder beginnt und nach der Schule besteht das Angebot bis 18.00 Uhr für Hausaufgaben und Freizeit. Das sind je nach Tag und Uhrzeit zwischen 12 und 48 Kinder, vom Kindergartenalter bis in die Oberstufe. Das ist sehr herausfordernd, aber auch sehr vielseitig und befriedigend.

Worin siehst du die grösste Herausforderung?

Unsere räumlichen Verhältnisse sind alles andere als ideal. Wir können zwar die Turnhalle nutzen, haben die Küche zum Aufwärmen der Speisen und den Bühnenraum als Esszimmer zur Verfügung, es fehlt aber an kleineren Räumen für Rückzüge, Ruhe, Hausaufgaben und es fehlt ein gesicherter Aussenbereich für kleinere Kinder. Wir hoffen sehr auf eine Verbesserung mit dem Neubau 2025, bei dessen Planung die Betreuerinnen des Mittagstisches auch miteinbezogen werden.

Bist du lärmempfindlich?

Nein, da wäre ich am falschen Ort gewesen! Die meisten Kinder brauchen nach der Schule ein Ventil, um Dampf ablassen zu können. Sie müssen sich bewegen, sich mit Freunden austauschen, spielen, lachen und laut sein können. Sie haben Freizeit! Ruhe- oder lärmempfindliche Betreuungspersonen machen den Job nicht lange. Wir haben aber auch eine sehr grosse Altersspanne unter den Kindern, - es gibt also auch Grenzen, um die kleineren oder empfindlicheren schützen zu können.

Wo setzt du deine Grenze disziplinarisch?

Meine Werte richteten sich immer auf die Stärkung der sozialen Kompetenzen, die Stärkung des einzelnen Kindes und den Respekt gegenüber anderen Menschen, der Umwelt und der Sachen. Respektloses Verhalten ist nicht sozial verträglich. Diese Einhaltung ist aber auch eine matchentscheidende Teamaufgabe. Nur wenn wir gemeinsam die selben Werte vertreten und diese auch konsequent einfordern, können wir bestehen und den Kindern eine gute Alternative zum Elternhaus bieten. Nach der Arbeit treffen wir uns täglich zum Austausch, das ist mir sehr wichtig.

Kamst du da bei der Umsetzung ab und zu in Konflikt mit den Eltern?

Eigentlich sind uneinsichtige Eltern eher die Ausnahme. Die meisten Eltern sind froh, wenn wir sie in der Erziehungsarbeit unterstützen.

Wärst du gerne in den Mittagstisch gegangen als Kind? War dein Sohn im Mittagstisch?

Weil meine Mutter gearbeitet hat, mussten wir drei Geschwister früh lernen, uns selber zu organisieren. Ich denke, meine Mutter wäre sicher froh über das Angebot eines Mittagstisches gewesen. Damals gab es das natürlich noch nicht. Meinem Sohn, ein Einzelkind, hätte der Mittagstisch sicher auch gutsgetan um zu lernen, sich in Gruppen zu bewegen. Heute haben wir auch Kinder in der Betreuung, die hier sind wegen der Struktur, der Sprache oder der Kultur.

Zum Essen: Was mögen denn die Kinder gerne?

Wir bestellen das Essen bei «Meals for Kids». Die Kinder mögen am liebsten Pommes oder gebratene Kartoffelschnitze, Teigwaren auch, aber erst als zweite Wahl. Viele essen gar nicht so gerne Fleisch (bis auf einzelne Fleischtiger). Da gekochtes Gemüse auch nicht so beliebt ist, gibt es täglich als Vorspeise rohes Gemüse, zum Dessert eine Frucht und ein Guetzli. Besonders heikle Kinder gibt es, das ist aber eher die Ausnahme.

 

Nun lass uns aber doch noch deine Pensionierung ansprechen. Hast du schon eine Nachfolgerin für diesen anspruchsvollen, kräfteraubenden Job? Ja, das ist Susanne Umiker. Sie ist schon Mitglied unseres Teams und kennt die Aufgaben und Anforderungen der Betreuung bestens.

Und womit gedenkst du die viele Freizeit, ohne Terminkoordinationen und Kinder zu verbringen?

Erstens gehe ich für zwei Monate nach Thailand, darauf freue ich mich sehr! Ich reise gerne. Sportlich bike ich gerne. Darüber hinaus freue ich mich darauf, selber wieder mehr künstlerisch mit meiner Malerei tätig zu sein. Mit einem eigenen Geschäft, mit Malkursen am Abend und später mit dem Engagement für den Mittagstisch hatte ich auch oft nicht viel Zeit für meine Freunde, das möchte ich nachholen und darauf freue ich mich besonders.

Liebe Diana, im Namen aller von dir betreuten Kinder, im Namen der Schule und der Gemeinde Glattfelden bedanke ich mich herzlich für dein unglaubliches Engagement, für deine grosse Aufbauarbeit und für deine Wärme, die du den Kindern entgegengebracht hast. Wir wüschen dir alles Gute und viele kulturelle, sportliche und künstlerische Höhenflüge in deiner verdienten Pensionszeit.

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