Gelber Riese arbeitet effizient

Zuckerrüben-Verlad

| Christian Ulrich

Im Spätherbst- und heuer über Weihnachten hinaus - sind auf Äckern rund um unser Dorf langgestreckte Haufen Zuckerrüben anzutreffen. Sie erinnern in ihrer Form an grosse Toblerone-Schokoladen. Aber plötzlich sind sie weg, sozusagen über Nacht. Und die «Gebirgszüge» können noch so lang sein, in einer oder anderthalb Stunden ist jeder weg, denn der gelbe Riese arbeitet effizient.

In der Kalenderwoche 49 war er in Glattfelden und Umgebung aktiv, was zu regem Landwirtschafts-Verkehr auf der Dorfstrasse führte. Die Glattfelder Rübenpflanzer waren mit Traktoren und schweren Kippanhängern pausenlos unterwegs auf der Route zum Bahnhof Zweidlen, wo die Rüben auf die Bahn verladen wurden. Aber sie waren «nicht schnell genug», denn die gelbe Maschine füllte einen rund zehn Tonnen fassenden Anhänger in weniger als zwei Minuten. Chauffeur Andi Morf, «Dirigent» des gelben Riesen, hatte darum manchmal Zeit für eine kleine Pause in seiner Kanzel, bis der nächste leere Anhänger vor Ort war.

Die Ropas aus Bayern

Der gelbe Riese ist eine Ropa-Erntemaschine, eine Rübenmaus. Diese Maschinen werden in Sittelsdorf (Niederbayern) gebaut. Die Firma beschäftigt dort rund 450 Mitarbeitende. Die Maschine Ropa 3, die noch bis Ende Jahr in unserer Region im Einsatz steht, reinigt die Rüben von Erde und Unkraut und verlädt sie in die bereitstehenden Anhänger. Sie hat ein Leergewicht von 23,5 Tonnen, ist gut 13 Meter lang, vier hoch und drei breit. Ein sechszylindriger Mercedes-Dieselmotor mit 7,2 Liter Hubraum sorgt für Leistung, treibt Putzwalzen, Förderwalzen, eine Hydraulikanlage und die Antriebsräder. Beide Antriebsachsen können gelenkt werden.

Kein Transportfahrzeug nötig

Speziell ist, dass das gelbe Ungetüm auf normalen Strassen fahren darf. Fährt die Maschine auf einen Acker mit Rübenberg, lässt sie sich in nur zwei Minuten vom Fahrmodus in den Arbeitsmodus umwandeln: Die linke und rechte Hälfte des gut acht Meter breiten Aufnahmeschubers werden abgeklappt; der Rübentransportarm wird über den bereitstehenden Anhänger geschwenkt, und gleichzeitig sorgt ein Ausleger mit dem Gegengewicht dafür, dass der Riese nicht kippt. Dann werden Putz- und Transportwalzen in Betrieb gesetzt und schon donnern die ersten Rüben in den leeren Anhänger.

Rübenmaus seit 1995 im Einsatz

Die Maschine, welche in Glattfelden arbeitet, gehört der Firma «Michel Rübenlogistik» mit Sitz in Gerlikon bei Frauenfeld. Von Firmenchef Paul Michel war zu erfahren, dass seine Firma 1995 mit der ersten Rübenmaus in der Schweiz gestartet hatte. 1996 hätten sich Rübenpflanzer in Bachs, Stadel und Glattfelden für den Verlad mit der Maus organisiert. Es sei ein paar Jahre gegangen, bis alle mitgemacht hätten. Heuer habe man mit der Arbeit am 3. Oktober begonnen und werde die letzten Rüben am Jahresende verladen. Normalerweise geschehe dies vor Weihnachten, aber dieses Jahr dauere es länger wegen der ertragreichen Ernte und wegen Störungen in der Zuckerfabrik.

Andi – Herr über 23 Tonnen

Andi Morf, Landwirt aus Gerlisberg, sitzt in der lärmgedämmten und beheizten Fahrzeugkabine hoch über dem Aufnahmeschuber und ist Herr über 23 Tonnen. Auf seine Tätigkeit angesprochen, berichtet er: «Ich habe mich seinerzeit gemeldet, als Fahrer gesucht wurden und mache das nun als Nebenjob seit 12 Jahren. Ein immer mal auftretendes Problem ist die Tiefe der Böden, aber am Fahrzeug hat es Kameras und ich kann so kontrollieren, ob alle Rüben erfasst werden. Durch die lenkbare Hinterachse ist das Fahrzeug wendiger als es aussieht und ich habe keine Probleme, damit auf der Strasse zu fahren. Es ginge auch kaum anders, denn mit vier Metern ist die Rübenmaus viel zu hoch, um noch auf einen Anhänger geladen zu werden. Ich merke natürlich, dass die anderen Verkehrsteilnehmer grossen Respekt vor meinem Fahrzeug haben. Wichtig ist: Sich nicht stressen lassen und allenfalls mal anhalten.» - Interessant: Schon ein/e Vierzehnjährige/r könnte den gelben Riesen auf der Strasse fahren. Es braucht dazu den Traktor-Führerschein und den zweitägigen Fahrkurs «G40» für das Lenken von landwirtschaftlichen Ausnahmefahrzeugen.

Die Ropa 3 fährt auf dicken Pneurädern, in deren Profil sich die Ackererde verfängt. Biegt das Fahrzeug nach getaner Arbeit auf die Strasse, bleiben dort Erdschollen liegen. Damit dies nicht den Unmut anderer Verkehrsteilnehmenden hervorruft, sorgen die Rübenpflanzer selber für die maschinelle Reinigung der Fahrbahn.

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