Er fährt im Stehen direkt auf den Podestplatz

| Ruth Hafner Dackerman

Mathias Luginbühl, Sie haben nach acht Goldmedaillen bei den Schweizermeisterschaften zum ersten Mal an den Europameisterschaften teilgenommen und gemeinsam mit ihrem Teamkollegen Giuseppe Atzeni im September in Lyon die Silbermedaille geholt. Was bedeutet Ihnen dieser Erfolg?

Gewinnen ist immer das Ziel. Als Team will man das Optimum herausholen, deshalb freue ich mich besonders über die Teamleistung gemeinsam mit meinem Partner Giuseppe Atzeni, mit welchem ich seit elf Jahren trainiere und an Wettkämpfen teilnehme. Diese Medaille hat für mich schon eine spezielle Bedeutung, weil es das erste Mal war, dass ich an einer Europameisterschaft teilgenommen habe. Nach drei Vorläufen durften sich die Besten für das Final qualifizieren.

Wie kamen Sie zu dieser Sportart?

Schon als kleiner Bub durfte ich meinen Onkel Ueli Luginbühl, welcher als Profifahrer unzählige Wettkämpfe gewonnen hat, an die Rennen begleiten. Dies hat mich fasziniert, er hat mich geprägt. Mit 25 Jahren erstand ich mein erstes grosses Motorrad, eine Harley. Vor 15 Jahren habe ich mit den Rennen angefangen und wurde schnell erfolgreich.

Wird man damit berühmt und reich?

Reich wird man definitiv nicht. Mein Teamkollege bekommt Sponsorengelder, ich als Schrittmacher eine kleine Startgage als Umtriebsentschädigung. Leider gibt es immer weniger Startbahnen, welche solche Anlässe durchführen. Es ist keine prestigeträchtige Sportart, und wir haben ein Nachwuchsproblem. Trotzdem konnten wir vor kurzem drei junge Fahrer gewinnen. Die Rennbahn Oerlikon führt innerhalb Europas die meisten Steherrennen durch. Sie wurde 1912 erbaut und ist damit die älteste Sportanlage in der Schweiz, welche noch in Betrieb ist.

Wieviel Zeit investieren Sie ins Training?

Die Saison dauert von Mai bis Oktober. Anfangs Saison gehe ich jeweils allein mit dem Motorrad auf die Bahn, um das Gefühl für die Sportart wieder zu erlangen. Dann steht ein gemeinsames Training mit meinem Teamkollegen an. Pro Saison gibt es acht bis neun Rennen in Oerlikon. An diesen nehme ich immer teil. Vor der EM haben wir die ganze Distanz intensiv trainiert.

Was macht die Faszination für diese Sportart aus?

Der Reiz besteht darin, dass es ein Teamsport ist. Wir gewinnen oder verlieren zusammen. Man kennt sich gut, muss Vertrauen zueinander haben. Töfffahren ist gleichzeitig auch Sport. Die Oberschenkel werden stark beansprucht und je nach Bahn geht es auch in die Gelenke. Mir gefällt das Dröhnen der Motoren, das gehört einfach dazu. Die Frage nach elektrischen Motorrädern ist in letzter Zeit vermehr aufgetaucht. Ich finde, das würde dieser Sportart den gewissen Charme wegnehmen.

Welche Eigenschaften braucht es für einen guten Schrittmacher?

Ich persönlich bin eher introvertiert, ruhig und besonnen. Ich kenne das Unfallrisiko, aber es passieren in dieser Sportart glücklicherweise wenig Unfälle. Mental muss man stark sein. Mit einer gewissen Taktik lassen sich die Kräfte des Stehers einschätzen und schonen. Dabei muss man als Schrittmacher immer den Überblick behalten. Auch das Überholen muss geplant sein. Immerhin fährt man gerade in Oerlikon steile Kurven, und das bei einem Tempo von 80 bis 95 kmh.

Bleibt neben Sport und Beruf noch Zeit für anderes Hobbys?

Neben Beruf und Sport spiele ich E-Bass in einer Rockband. Und gerne nehme ich mir Zeit für meine Frau und meinen dreijährigen Sohn. Beide begleiten mich oft auf die Rennstrecke, obwohl es für den Kleinen dort etwas laut ist.

Zurück