Achtungserfolg für Sarina Russi

SwissSkills 2022 mit Glattfelder Beteiligung

| Yvonne Russi

Über 1000 talentierte junge Berufsleute zeigten in 85 Wettkampfberufen anfangs September an den SwissSkills 2022 ihr Können. In Bern mit dabei war auch die Glattfelderin Sarina Russi. Dank einer tollen Arbeit erreichte sie an der Schweizermeisterschaft in Interactive Media Design den hervorragenden 5. Rang.

Samstagabend, ich sitze mit meiner Familie hoch oben auf den Zuschauerrängen der PostFinance-Arena in Bern. Gleich geht die Siegerehrung der SwissSkills 2022 los. Ein Riesen-Anlass, der medial in die ganze Schweiz hinausgetragen wird. Vor uns eine Grossleinwand, davor eine imposante Bühne und rund herum rund 500 leere Stühle. Auch Bundesrat Guy Parmelin, Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) war anwesend und würdigte bereits mit seiner Anwesenheit die Leistung der jungen Berufsleute. Mit viel Leidenschaft rief er den Schweizer Berufstalenten am Samstag in Bern zu: «Sie gehören zur Elite der Schweizer Berufsbildung.»

Musik erschallte im Stadion. Es geht los. Die Finalteilnehmer der Berufs-Schweizermeisterschaften laufen ein. Sauber geordnet nach Berufsgruppen. Eine der Finalistinnen ist meine Tochter Sarina. Sie hat sich die vergangenen vier Tage mit Gleichgesinnten gemessen, welche sich zum Interactive Media Designer ausbilden.

Während sich der Innenraum langsam füllt, erinnere ich mich an einige Momente der letzten Jahre zurück. Da war dieser Facebook-Post einer Bekannten, welche sich enorm freute, als ihre Tochter eine Lehrstelle angeboten erhielt. «Oh, das geht bei uns noch so lange, bis meine Tochter in der gleichen Situation ist», dachte ich mir in diesem Moment. Doch ich täuschte mich. Denn mit der Oberstufe beginnt fast Hand in Hand auch das Thema der Berufswahl. Selbst- und Fremdeinschätzung zur Person, Besuch von Informationsveranstaltungen, Organisation von Schnupperlehren, Bewerbungsunterlagen zusammenstellen, Motivationsschreiben kreieren - die Schritte der Berufswahl gehen sehr schnell voran und fordern nicht nur die Kinder. Nur gut, dass man dank dem intensiven Programm nicht realisiert, wie die Zeit vergeht. Und dann kam dieser Tag, als die Tochter nach Hause kam und uns sagt, dass sie den Beruf des Interactive Media Designer erlernen möchte. «Was», fragte ich, «was genau möchtest du lernen?» Sie hatte sich informiert und erklärte mir, dass ein Interactive Media Designer kreative Konzepte und Designs für Homepages und Apps entwickelt, bei der Formulierung von Inhalten helfen und das Design sowie die Funktionen für digitale Kommunikationsmittel entwerfen.

Ja, ich dachte dasselbe wie sie: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Mir aber war zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt, dass man das erlernen kann. Denn was bei mir als Ferienidee im Frühlingsurlaub 2013 mit dem Glattfelder App seinen Anfang nahm, war mehr als Hobby gedacht. Ganz unbelastet widmete ich mich den verschiedenen Themen eines Apps und lernte mit jeder Herausforderung etwas dazu. Und nun möchte sich meine Tochter in eine ähnliche Richtung entwickeln. Einfach professionell und von der Pike auf erlernt.

Beim Interactive Media Designer handelt es sich um einen neuen Lernberuf. In der ganzen Schweiz werden nur gerade 80 Lehrstellen angeboten. In der Region Zürich werden es so um die zehn Ausbildungsplätze sein. Wir Eltern versuchten selbstverständlich, sie bei ihrem Berufswunsch zu unterstützen. Doch wir wollten auch, dass sie ihre Chancen realistisch einschätzt und sich nicht zu sehr auf diesen Beruf fixiert. Denn die Chancen sind klein, einen dieser bei den Jugendlichen begehrten Lehrstellenplätze ergattern zu können.

Für einen «Plan B» war Sarina aber nicht zu motivieren. Sie verkrallte sich mit jedem Hinweis seitens der Eltern und der Lehrerschaft auf ihre Chancen tiefer in den Berufswunsch und setze alles daran, ein Lehrstellenangebot zu erhalten. Und sie schaffte es. Zu gut ist mir die Szene in Erinnerung, als Sarina zwei Tage nach einem Bewerbungsmarathon von der Swisscom ein Stellenangebot erhielt. Ich war gerade im Garten und Sarina rief mir aus dem Haus zu: «Ich habe es geschafft! Ich habe die Lehrstelle!» Es läuft mir noch heute kalt den Rücken hinunter, wenn ich an diesen Moment zurückdenke. Und ich kann meine Bekannte, die das Lehrstellenangebot ihrer Tochter auf Facebook postete, nun zugut verstehen.

Für uns als Eltern war ein wichtiger Meilenstein geschafft. Wir wussten, dass unsere Tochter ihren Berufsweg nun allein gehen würde. Es fehlte in den ersten Jahren nicht an Herausforderungen. Berufseinstieg mit Covid-bedingtem Homeoffice, Fernunterricht in der Gewerbeschule, Arbeits- und Ausbildungseinsätze in Zürich, Bern und St. Gallen. Und nun sitze ich hier in der PostFinance-Arena, denn sie hatte sich für die SwissSkills 2022 angemeldet. Doch bevor sie ihr Talent unter Beweis stellen konnte, stand die Selektion durch den Berufsverband des grafischen Gewerbes, der Viscom, an. Erfolgreich nahm sie auch diese Hürde und bereitete sich darauffolgend intensiv auf die Berufsschweizermeisterschaft vor.

Der Modus war ambitiös. Über vier Tage hinweg wurden immer wieder neue Aufgaben gestellt. Jeden Tag wurde das Teilnehmerfeld gezielt verkleinert. Wer das geforderte Ergebnis nicht brachte oder dem Druck nicht standhielt, flog raus. So nahm sie jeden Tag aufs Neue die Herausforderungen an und erreichte letztendlich den Final.

Mit einem guten Gefühl gab sie am Schlusstag um 15 Uhr ihre Arbeit ab. Sie war sich nicht sicher, ob es auf das Podest reichen würde, denn die Konkurrenz war stark. So war nun warten angesagt. Warten auf die abendliche Preisverleihung in der PostFinance-Arena. Die Nervosität war nicht nur bei ihr gross. Denn die ganze Familie fieberte mit ihr mit.

Kurz vor 22 Uhr war es dann so weit. Die Preisverleihung der Interactive Media Designer stand an. Leider wurde sie nicht auf die Bühne, auf das Siegerpodest gerufen. Doch mit dem 5. Platz an einer Berufsschweizermeisterschaft erreichte sie mindestens für uns Eltern einen Achtungserfolg. Herzliche Gratulation. Mach weiter so!

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