Die wilden Biker packen auch an

Quartiergeschichten

| Koni Ulrich

Während ihre Schulkollegen zu Hause nach dem Mittagessen wohl eine wohlverdiente Pause einlegen, drehen vier Biker im Fränzliquartier erstmal ein paar Runden auf dem selbstgebauten «Dirt Jump». Am frühen Abend wird erneut entweder gesprungen oder aber gebaut. Gefahren wird auch mal auswärts im Gebirge und, wo es denn erlaubt ist, im Wald.

Ein Zickzackfussweg führt vom unteren Ende der Bahn nahe der Hermigasse zurück ins Hauptquartier beim Einfamilienhaus von Monika und Michael Schmohl. Die Besitzer legen Wert darauf, festzuhalten, dass sie gern wissen, wer gerade auf ihrem Grundstück unterwegs ist, die Bahn sei in dem Sinn privat. Die beliebte Runde vom Steilhang über, je nachdem, ein bis zwei selbstgebaute Schanzen wird nach dem Mittagessen an Werktagen gern zehn- bis zwanzigmal gedreht, bis es wieder zur Schule geht. Logisch, dass jedes Mal nach der Zielankunft der Aufstieg zurück an den Start dazugehört. Das erhält die jungen Quartierbiker fit, denn sie brauchen ihre Energie laufend auch, um die Erdhügel wieder an ihre neusten Wünsche anzupassen. Dabei kann es auch ganz nützlich sein, wenn Nachbar Ueli Bützberger mal ein paar Ladungen Humus mit seinem Bagger herbeiführt.

Schaufeln und glätten

Angefangen hatte alles vor gut drei Jahren mitten auf der Fränzlistrasse im Quartier, und zwar mit selbstgezimmerten Rampen und Schanzen aus Holz. Da wurde an lauen Sommerferiennächten jeweils bis spät in die Nacht hinein gehüpft und gesprungen. Irgendwann wollten die jungen Biker dann nicht mehr jedes Mal zur Seite treten, wenn ein Auto herangefahren kam. Deshalb treffe ich die Gruppe an diesem frühen Dienstagabend mit Schaufeln im beschriebenen steilen Gelände an. Durch die von der Natur und den Landwirten lange herbeigesehnten Niederschläge hat sich zwei Meter vor dem «Giant Jump» eine Pfütze gebildet, die den Sportlern gefährlich werden könnte. So wird nun zunächst das Wasser abgelassen und danach muss das entstandene Loch wieder ausgefüllt und eingeebnet werden. Danach stehen die vier Quartierbewohner mit ihren Spezialvelos bereit, um dem Fotografen ein paar Sprünge zu zeigen. Ihre Fahrzeuge sind nicht etwa gewöhnliche Mountain-Bikes, sondern sogenannte «Dirt Jump Bikes». Diese haben nur vorne eine kleine Federung, keine Gangschaltung und nur eine Bremse, ganz nach dem Motto: möglichst wenig Ballast. Auf der Strasse darf mit diesen Dingern im Prinzip nicht gefahren werden, denn dazu müssten sie zwei Bremsen und Licht haben. Ramon Schmohls Bike ist von der Marke – Nomen est Omen – Dartmoor und mit den für «Dirt-Bikes» üblichen 26-Zoll-Rädern ausgestattet.

Profi-Tracks in den Touristengebieten

Ramon ist 14 und hat vor zwei Jahren auf einem Pumptrack, ähnlich dem temporär beim Schulhaus Hof eingerichteten, einen bösen Unfall gemacht. Trotz happiger Schürfungen hat ihm das aber die Freude am Tun keineswegs verdorben. «Diese kleinen Runden sind zwar gut für das Erlernen der Technik, werden aber problematisch, sobald es schnell wird», sagt der Sekundarschüler rückblickend. Er darf nun mit seinem Bruder Nico (9) und den Eltern auch mal übers Wochenende, sozusagen als Famlienausflug, auf die grösseren Pisten. Gefragt sind in der Region die Anlagen beim Bülacher Vitaparcours oder in Glattbrugg. Richtig fetzen tut es aber in den entfernteren, alpinen Anlagen, wie sie Davos, Laax, Lenzerheide, Chur oder Steffisburg bieten. Da fährt dann die ganze Familie im Auto mit drei Fahrrädern mit, denn der jüngere Nico muss auf den Routen immer eine Begleitung dabei haben. Das übernimmt dann Vater Michael. Lange muss er es wohl nicht mehr machen, denn Nico weiss: «Im Winterthurer Skillspark darf ich mit zehn allein fahren». Dort absolvieren die Jungs jeweils am Donnerstagabend ein 90-minütiges Training, wo sie Tricks und Kniffs erlernen. Neben Ramon und Nico sind heute auch Joel Ruchti und Lenny Hofer anwesend. Joel ist 11 Jahre alt, sein Vater Simon betreibt den Bikeshop im Riverside. Mit Lenny zusammen sind beide vor zwei Jahren im Dorf für Unterschriften geweibelt, weil sie gern einen eigenen, fest installierten Pumptrack gesehen hätten.

Nicht überall gern gesehen

Dass die leidenschaftlichen Velofahrer oft auswärts unterwegs sind, hat neben dem Plausch einen weiteren Grund. Man kennt ja das Problem mit den Wanderwegen, wo es oft schwierig ist, die Kulturen der Biker und der Wanderer auf demselben Pfad zu vereinen. Weil die Tourismusorte in den Bergen schon länger damit konfrontiert sind, sind dort auch schon gute Lösungen gefunden worden. Im Dorf dagegen, finden die vier Biker zusammen mit Monika Schmohl, haben sie einen schweren Stand. Nicht nur auf den Quartierstrassen, auch im Wald sind sie eher unerwünscht. So würden im Laubberg, etwa bei der Abfahrt vom Paradiesgärtli ins Riverside, wohl vom Forstdienst immer wieder Stämme quergelegt, um die Biker zu vergraulen und neuerdings stehe vor dem sehr attraktiven Rundweg um den Laubberg mit stetigem Blick auf Eglisau schlicht ein Fahrverbot. Grundsätzlich findet die Gruppe, gebe es zu wenig oder gar keine Möglichkeiten, mit dem Bike etwas zu machen. Andere Siedlungen verfügten längst über fest installierte so genannte Skaterparks. Lenny und Joel hatten schon vor zwei Jahren Unterschriften für einen fest installierten Pumptrack gesammelt, es dann aber irgendwie verpasst, damit weiter zu kommen.

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