Trockenheit macht Unterländer Bauern grosse Sorgen

| Ruth Hafner Dackerman

Das Vieh findet kein Gras mehr zum Fressen, die ersten Buchen sterben ab. Ein Ende der Trockenheit ist nicht in Sicht.

Nach einem schönen Frühling schien das Jahr 2022 nach dem letztjährigen verregneten Jahr mit wenig Wärme und Sonnenlicht für die Bauern gut zu starten. Die Getreidekulturen erreichten gute Erträge, ebenso die Eiweissernten als Sojaersatz und der Raps. «Doch seit Beginn der Getreideernte Anfang Juli gab es kaum noch Regen», sagt der Zweidler Landwirt Andy Maag, welcher seit seiner Pensionierung auf dem Hof von Sohn Raphael Maag mithilft. Er zeigt auf ein Feld mit Zuckerrüben. Vereinzelte ausgewachsene Rüben am Rand zeigen ihre optimale Grösse, auf dem Rest des Feldes liegen nur noch verdorrte Pflanzen mit ein, zwei kleinen Herzblättern. «Nun würden sie eigentlich anfangen, Zucker zu produzieren. 400 Gramm Reinzucker gäbe es auf eine zweieinhalb Kilo schwere Zuckerrübe.» Die Sonne und die Wärme vom Boden lassen die Blätter verbrennen. Die Ernte an diesem Standort ist verloren. Sogar falls in den nächsten Tagen Regen fallen würde, müssten die Zuckerrüben zuerst neue Blätter bilden, bevor sie Zucker und Gewicht aufbauen könnten. Dieser Prozess würde dreieinhalb bis vier Wochen in Anspruch nehmen. «Dann wird es saisonbedingt wohl zu spät für eine Ernte sein.»

 

Neben den Zuckerrüben sind sämtliche Kulturen wie Kartoffeln und Mais betroffen. Diese verdunsten viel Wasser. Ohne Bodenfeuchtigkeit vertrocknen die Blätter und sterben schliesslich ab. «Zum Wassermangel kommen noch die hohen Temperaturen und die extreme Globalstrahlung, was den Prozess verstärkt. Diese Situation kann im schlimmsten Fall bis zum Totalverlust führen.»

Kühe finden kaum Gras mehr auf der Weide

Auf Maags Weide hoch über Zweidlen Dorf suchen sich einige der insgesamt 45 Galloway-Rinder das letzte Futter. Vom Frühling bis zum Herbst sind die Tiere draussen, finden normalerweise genug zu fressen. Nun ist die Wiese braun, es gibt nur noch wenige Halme. «Wir müssen mit Heu und Silage zufuttern, weil nichts mehr nachwächst», sagt Maag. So muss bereits jetzt auf die Wintervorräte zurückgegriffen werden. «Normalerweise dauert die Winterfütterung sechs Monate. Dafür werden rund 180 Rundballen à 450 Kilo gebraucht. Nun sieht es danach aus, dass wir vier zusätzliche Monate zufuttern müssen.» Das gehe ins Geld. Andy Maag hat immer noch die Hoffnung, dass es bis Mitte August eine längere Regenperiode gebe, auch wenn die langfristigen Wetterprognosen nicht davon ausgehen. «Dann könnten wir nach der Getreideernte Zwischenfutter in Form von Gras und Klee ansäen.»

 

Im schlimmsten Fall müsse man die Tierbestände reduzieren, auf den Grünanteil von Mais ohne Kolben als Futter zurückgreifen oder generell Futter zukaufen. «Ich mache mir Sorgen. Es wird sehr kritisch. Wenn der Regen ausbleibt, wird es eine katastrophale Futterknappheit geben mit all ihren Folgen.» Die Einkommensausfälle könnten sich auf bis zu 50 Prozent belaufen.

Maag sorgt sich auch um die fünf Hektaren eigenen Wald. «Der Wald leidet unter der Trockenheit. Die Eichen beginnen zu dörren, die Blätter fallen ab, vor allem am Hörnlirain.» Ohne Feuchtigkeit würden die Wurzeln vertrocknen. «Dann haben sie keinen Halt mehr und fallen bei einem Sturm um.» Die Buchen seien auf seinem Gebiet noch in einem besseren Zustand. «Aber wenn es so weitergeht, wird es problematisch. Die Robustheit des Waldes nimmt massiv ab.»

Auch die Baumbestände sind betroffen

Dass die langanhaltende Trockenheit auch für die Baumbestände zum Problem wird, bestätigt Thomas Gehrig, welcher bei der Stadt Bülach ein sechswöchiges Försterpraktikum absolviert. Der Forstbetrieb der Stadt Bülach betreut rund 920 Hektaren Wald, darunter auch die Waldbestände der Gemeinen Hochfelden und Höri. «Am besten zu erkennen ist der Wassermangel bei den Buchen», bestätigt der Fachmann. «Diese schliessen ihre Spaltöffnungen normalerweise zur Mittagszeit, wenn es heiss ist, und machen sie am frühen Abend wieder auf.» Durch die langanhaltende Trockenheit würden die Spaltöffnungen nun permanent geschlossen. «Die Bäume verlieren das Laubgrün und lassen die Früchte fliegen, da dies zu viel Energie verbrauchen würde.» Der Hauptwasserverbrauch der Bäume mit 98 Prozent konzentriert sich auf die sogenannte Transpiration, die Kühlung des Baumes. «Diese Transpiration wird bei Wassermangel zuerst heruntergefahren und später ganz eingestellt. Zudem wird kein Holz mehr produziert.»

 

Auch die Fichten, deren Wurzeln nicht so tief reichen, weisen Probleme auf. «Sie sind gestresst, produzieren kein Harz mehr. Nun sind sie sehr anfällig auf Borkenkäfer.» Die Eichen wiederum werfen langsam die grünen, noch nicht ausgereiften Eicheln ab, stellt Gehrig fest. «Sie tun dies, um zu überleben.»

 

Es brauche eine Woche Dauerregen, damit der Wald sich erholen könne. «Da die Böden inzwischen so ausgetrocknet sind, kann das Wasser vom Boden nicht aufgenommen werden.» Gehrig hat bereits einzelne Buchen angetroffen, welche absterben. Es dauere allerdings rund ein Jahr, bis man das gesamte Ausmass der Schäden erkenne. «Wir hatten im Jahr 2003 und 2018 bereits einen Hitzesommer. Dieses Jahr kam die Hitze sehr früh im Jahr. Das hat den Wald gestresst.» Der Wald müsse mit immer mehr Ereignissen wie Trockenheit und Stürmen umgehen. Eine Bewässerung sei nicht machbar. «Die Natur muss das regeln.»

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