Fussball-Interviews

Glattgedanken

| Christian Ulrich

Fussball-Interviews sind oft nichtssagend, manchmal sogar peinlich und fast immer überflüssig. Ich denke vor allem an die Pausen-Interviews, welche SRF 2 bei den Übertragungen der Super-League-Spiele anscheinend als wichtig erachtet. Wenn der Schiedsrichter zur Pause pfeift, verabschiede ich mich vorübergehend vom Bildschirm. Die doofen Interviews nerven mich total. Und – ich bin mir sicher, den Spielern, welche schwitzend die erste Halbzeit hinter sich haben, geht es ähnlich. Der Pausendrink ruft, die Analyse der ersten Matchhälfte durch den Coach, die Pläne für die zweite Hälfte. Die Viertelstunde ist knapp. Wahrscheinlich wird jeweils sogar per Los oder zumindest alternierend einer zum Interview verknurrt, wenn nicht in der Mannschaft sowieso nur zwei oder drei halbwegs deutsch sprechen.

 

Und jetzt hat doch im ZDF tatsächlich einmal einer Klartext geredet, und mir tat das wohl bis in die kleine Zehe. Nach dem Champions-League-Final in Paris am 28. Mai (Liverpool – Real Madrid 0:1) musste der deutsche Real-Spieler Toni Kroos vor dem ZDF-Reporter antraben. Dieser fragte u.a.: «War das überraschend für Sie, dass Real Madrid ganz schön in Bedrängnis geraten ist?» Worauf Kroos entgegnete: «Also, du hattest 90 Minuten Zeit, ne vernünftige Frage zu überlegen, also ehrlich. Und jetzt stellst du mir eine solche Scheissfrage!» Kroos wandte sich ab, kam aber zurück: «Überraschend, dass wir in Bedrängnis gerieten? Was ist denn das für eine Frage? Wir spielten ja nicht irgendwelche Gruppenspiele irgendwo. Wir spielten das Champions-League-Finale.»

 

Der ZDF-Mann war perplex, aber mich freute es total. – Allerdings muss ich heute rückblickend gestehen: Kroos verhielt sich absolut unprofessionell. Als Profifussballer mit Traumsalär sollte man auch doofe Fragen anständig kontern. Und als Sieger erst recht.

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