Rock im Schuppen

Glattgedanken

| Christian Ulrich

Nein, die Tonhalle wäre nicht der richtige Ort für diese Art von Musik. Hard Rock gehört in einen Luftschutzkeller, in eine Motorradwerkstatt oder eben in einen Güterschuppen. Zum Beispiel in denjenigen von Wollishofen. Dort stieg ich am vergangenen Samstagabend die kleine Treppe zur Güterrampe hinauf und fand mich in einer anderen Welt.

 

Vom nachmittäglichen Choppertreffen stehen noch einzelne Maschinen herum. Bei einer aufgemotzten Harley geht es darum: Wer bringt sie mit dem Kickstarter zum Laufen? Beim siebten Versuch klappt es und die Auspuffenden knallen ihren Sound gegen die Hauswand. Der Gasgriff wird ein paar Mal auf und zu gedreht. Dann verstummt der Motor.

 

Der „Verein Güterschuppen“ weiss, dass seine Tage gezählt sind und schreibt auf Facebook: „Bald verschwindet ein weiterer Ort der Freiheit zugunsten der Yuppisierung der Stadt.“ Ein Insider sagte mir aber: „Die Leute in den grossen Mehrfamilienhäusern hinter dem Schuppen sind zurückhaltend mit Reklamationen und Einsprachen. Solange wir nämlich hier unser Vereinslokal betreiben können und sich auch der Heimatschutz für uns einsetzt, wird der Schuppen nicht abgebrochen. Und solange kann den Leuten in diesen Häusern die Seesicht nicht verbaut werden.“

 

Im Schuppen ein aufgestelltes, friedliches Völklein und überall Fotos, Plakate und Sprüche aus der Töffszene: „Loud Pipes save lives“ (Laute Auspuffe retten Leben). „Du hast nicht aufgehört, Motorrad zu fahren, weil du alt geworden bist. – Du bist alt geworden, weil du aufgehört hast, Motorrad zu fahren.“ An der Bar auf dem Motorradsattel bestelle ich ein Bier und erkenne Zylinderköpfe in der Deckplatte des Tresens. Anstelle des Kronleuchters der Tonhalle hängt über mir ein Töffrahmen. - Und dann legt endlich die Band los und lässt das Gebäude in den Grundfesten erzittern. Herrlich!

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