Viele spannende Projekte sind aufgegleist

Interimistischer Gemeindeschreiber Steinmann gibt Stab weiter

| Yvonne Russi

Nach rund einem Jahr endet Ende Juli der Springereinsatz des interimistischen Gemeindeschreibers Hansruedi Steinmann. Er gibt die Führung der Gemeinde an Valentino Vinzens weiter, welcher am 3. August seinen ersten Arbeitstag hat.

Nach dem Abgang von Beatrice Wüthrich als Gemeindeschreiberin im Juli 2019 entschied der Gemeinderat, die Vakanz in der Gemeindeverwaltung vorerst mit einem «Springer» zu überbrücken. Die Wahl dabei fiel auf den erfahrenen 56- jährigen Hansruedi Steinmann, den Inhaber und Geschäftsführer der Firma Steinmann & Partner, welcher bereits in anderen Aufgaben mit der Gemeinde zusammenarbeitete.

 

Als interimistischer Gemeindeschreiber leitete und unterstützte er mit einem Pensum zwischen 40 und 60 Prozent das operative Geschehen im Gemeindehaus. Nach fast auf den Tag genau einem Jahr gibt er nun die Geschicke an Valentino Vinzens weiter, welcher offiziell am 1. August die Stelle antritt und am 3. August seinen ersten Arbeitstag hat.

 

Wie Hansruedi Steinmann die Zeit in Glattfelden erlebte und in welchem Zustand er die Gemeindeverwaltung an Valentino Vinzens weitergibt, das fragte Yvonne Russi in einem Ende Juli geführten Interview.

Yvonne Russi: In welchem Zustand haben Sie die Führung der Gemeindeverwaltung übernommen?

Hansruedi Steinmann: Bedingt durch den abrupten Abgang von Beatrice Wüthrich befand sich die Gemeindeverwaltung in einer Art Schockstarre. Ich empfand eine grosse Verunsicherung bei den Mitarbeitern. So suchte ich den Kontakt aktiv und fand den Draht zu den Mitarbeitern relativ schnell. Heute kann ich nun die Verwaltung mit einem guten Gefühl verlassen.

Welche grösseren Pendenzen konnten abgebaut werden?

In den letzten zwölf Monaten konnte ich diverse Projekte anstossen. Umfassend war sicherlich das IT-Projekt. Die Infrastruktur war in einem schlechten Zustand und musste dringend erneuert werden. Das Hosting der Informatik konnte in der Zwischenzeit neu aufgegleist werden. Nun steht noch die Erneuerung der Software und Hardware an, welche auf nächstes Jahr geplant sind.

 

Das zweite grosse Projekt befasste sich mit der Raumsituation im Gemeindehaus. Hier sind wir einen grossen Schritt weitergekommen, was die Standortevaluation betrifft, eine Info darüber erfolgt im nächsten Verhandlungsbericht. Im Weiteren wurde eine neue Polizeiverordnung erarbeitet, welche an der nächsten Gemeindeversammlung im September zur Abstimmung gelangt.

 

Schliesslich zeigt die Projektumsetzung der Verwaltungsanalyse bereits erste positive Effekte. Es war ein sehr spannendes Jahr, welches ich hier erleben durfte.

Im Vergleich zu anderen Zürcher Gemeinden, wo steht Glattfelden heute?

Die Räumlichkeiten für die Gemeindeverwaltung sind schlecht und die Raumsituation ist prekär. Die Verwaltung arbeitet aber trotzdem professionell und motiviert. Ich hatte immer das Gefühl, dass die Mitarbeiter gerne und mit Freude zur Arbeit erscheinen. Gemeindeeigene Dienstleistungen werden aus meiner Beurteilung kundenfreundlich und stets lösungsorientiert erledigt. So sind gute Ansätze vorhanden, auf welchen man gut weiter bauen kann. Und dies auch im Hinblick auf diverse Neubesetzungen in den Abteilungen.

Sie haben hier viele positive Aspekte dargelegt. Doch wo haben wir Schwachstellen?

Ich bin hier offen und kritisch. Was mich schon noch beschäftigt, ist die Situation des Gemeinderates. Dieser befindet sich nach wie vor in der Mediation, welche durch die Corona-Situation leider ausgebremst wurde. Eine wichtige Sitzung musste so abgesagt werden, was den Gemeinderat in diesem Mediationsprozess zurückgeworfen hat. Die Mediation wurde nun wieder aufgenommen und ich hoffe, dass sie den Gemeinderat weiterbringt.

Ist Glattfelden mit dieser etwas «unharmonischen» Stimmung im Gemeinderat ein Einzelfall?

Nein, durchaus nicht. Das gibt es immer wieder. Aktuell das Beispiel Horgen. Man ist ein Team aus «zusammengewürfelten» Personen und hier hat jeder die Verpflichtung, sich als Amt- und Würdenträger einzufügen und sich teamorientiert zu verhalten. Dies finde ich sehr wichtig, denn man darf die Wirkung des Gemeinderates auf die Verwaltung nicht unterschätzen.

Wie haben Sie die Zusammenarbeit erlebt?

Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat erlebt?

Sehr gut und sehr konstruktiv. Ich hatte das Gefühl, dass der Gemeinderat sehr offen für Neues und lernbereit ist.

 

Und wie war die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern?

Sehr schön. Wir arbeiteten sehr viel im Kader zusammen und ich hatte das Empfinden, dass man wirklich «anpacken» möchte. Dies, um die Gemeinde weiter zu bringen.

 

Waren Sie auch im Kontakt mit der Bevölkerung?

Ja klar, da hatte ich einige schöne Rückmeldungen zum Verhandlungsbericht. Es fiel die Aussage, dass man mit diesen Berichten umfassender informiert sei. Ich weiss nicht, wie detailliert vorher informiert wurde, doch diese Aussage freute mich selbstverständlich.

 

Ich habe das Empfinden, dass die beiden Gemeinderäte Gassmann und Gasser aufgrund aktueller Themen von der Bevölkerung mehr wahrgenommen werden als die anderen vier Mitglieder. Teilen Sie auch dieses Empfinden und woran liegt das?

Das sehe ich nicht so, kann aber diese externe Sichtweise nachvollziehen. Speziell René Gasser ist in seiner Funktion nicht zu beneiden. Er hat einen riesigen Investitionsnachholbedarf in Sachen Wasser, Abwasser und Strassen zu bewältigen.

Der Gemeinde wurde auch eine unglückliche Verwicklung ihrer Firma Steinmann & Partner im Zusammenhang mit einem Mandat zur Prozessüberprüfungen mit ihrem Mandat als Gemeindeschreiber a.i. vorgeworfen. Wie sehen Sie das und was würden Sie im Nachhinein anders machen?

Man muss hier sehen, wie sich die Zusammenarbeit entwickelt hat. Zuerst stand der Auftrag der Verwaltungsanalyse an. Und erst dann kam der Abgang von Beatrice Wüthrich. Der Umstand, dass ich mit der Verwaltungsanalyse Einblick in die existierenden Prozesse erarbeiten durfte, brachte mich zum Mandat als Gemeindeschreiber a.i. Dieses Vorgehen in Glattfelden stellt für mich keinen Einzelfall dar und ich sehe hier einen klaren Synergiegewinn, wenn ich als externe Firma die Prozesse durchleuchte und dann als Gemeindeschreiber die Verbesserungen gleich umsetzen kann. Auch half mir das erarbeitete Wissen bei der Suche nach dem geeigneten zukünftigen Gemeindeschreiber, was wiederum einen Gewinn für die Gemeinde darstellt. Daher kann man hier nicht von einer Verstrickung sprechen.

 

In der zweiten Analyse, welche für den Bereich «Kultur und Integration» nachträglich durchgeführt wurde, war ich ganz bewusst persönlich nicht involviert. Diese führte ein Geschäftsleitungs-Mitglied von mir durch.

 

Weiter möchte ich an dieser Stelle anmerken, dass bei solchen Themen doch zuerst das Gespräch mit den betroffenen Stellen, zum Beispiel bei der offenen Sprechstunde mit dem Gemeindepräsident, gesucht wird und man sich informiert, bevor man direkt «losschiesst» und Leserbriefe über die Medien veröffentlicht. Dieses Verhalten von einzelnen Einwohnern ist mir in Glattfelden negativ aufgefallen und vielleicht hat das den Ursprung in der Aussenwirkung des Gemeinderates. Denn das habe ich, als ich vor 20 Jahren schon mal in Glattfelden als interimistischer Gemeindeschreiber tätig war, so nicht erlebt.

 

Vielfach liegt die Ursache dieses Verhaltens in einer suboptimalen Kommunikation und dass die Bürger so nicht abgeholt werden konnten. Aus meiner Sicht ist dies immer das wichtigste, dass man klar informiert, was man macht, mit der Einschränkung, wenn es um den Datenschutz oder Persönliches geht, das nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist. Aber dass man zuerst die Kritik über die Medien übt, anstatt das Gespräch mit den Behörden zu suchen, finde ich schade und auch störend.

Am 3. August nimmt Valentino Vinzens seine Tätigkeit als Gemeindeschreiber in Glattfelden auf. Was werden Sie ihm auf den Weg mitgeben?

Wir konnten einige, auch grössere Projekte anstossen. Ich würde ihm sagen, dass er sich auf spannende Projekte freuen kann und an diesen mit Herzblut arbeiten soll. Dann kommt das bestimmt gut!

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