Solidarität!?

| Michèle Dünki-Bättig, Kantonsrätin SP

Der Coronavirus mag auch gute Folgen haben: Wir besinnen uns wieder mehr auf unsere Mitmenschen. Wir denken an den alten Nachbarn, der froh ist, wenn wir seine Einkäufe für ihn erledigen. Und wir rufen unsere Grosseltern öfter an, ist ihr sozialer Radius doch drastisch eingeschränkt. Plötzlich interessieren uns aber auch die Arbeitsbedingungen derjenigen, die uns im Krankheitsfall im Spital pflegen.

Was Gewerkschaften seit Jahrzehnten anprangern, rückt plötzlich ins gesellschaftliche Bewusstsein: Care-Arbeitende arbeiten unter prekären Bedingungen. Ihre Einsätze sind körperlich und psychisch äusserst anspruchsvoll und belastend. Doch sie werden nicht fair bezahlt, und ihre Hilfe wird als selbstverständliche Dienstleistung bewertet. Das muss sich jetzt endlich ändern.

Und nicht nur mit Care-Arbeitenden sind wir plötzlich solidarisch – auch mit dem Gewerbe: Wir kaufen lokal ein. Und ganz viele gute, richtige Ideen werden realisiert, um Selbstständigerwerbende und KMU zu unterstützen.

Solidarität darf aber nicht nur lokal spielen: In griechischen Flüchtlingslagern herrschen unhaltbare Zustände. Die Hygienevorschriften können nicht eingehalten werden und das Coronavirus hat so leichtes Spiel, sich bei den verletzlichsten Menschen auszubreiten. Die Lager müssen geräumt und die Menschen von den europäischen Staaten – auch der Schweiz! – aufgenommen werden. Wer diese Solidarität aus Kostengründen ablehnt, hat aus Corona nichts gelernt: Viren kann man nicht in Lagern einsperren. Sie werden Landesgrenzen überspringen, sich weltweit ausbreiten und auch wirtschaftlich riesigen Schaden anrichten.

Was wir brauchen, ist nicht Social Distancing, sondern soziale Nähe, Solidarität und Nachbarschaftshilfe. Über die Grenzen hinweg. Auch wenn wir dabei Abstand voneinander halten.

Zurück