Streit zwischen Löwen-Wirt und Gemeinde eskaliert

Gemeinde kündigt Mietvertrag mit Wirt Vincenzo Palmeri

| Ruth Hafner Dackerman

Vincenzo Palmeri, Pächter des Gasthofs Löwen, wirft der Gemeinde als Besitzerin Happiges vor. So soll die Infrastruktur in einem desolaten Zustand sein. Die Gemeinde kündigte inzwischen den Mietvertrag auf Ende März 2024.

Vincenzo Palmeri sitzt auf der Gartenterrasse des Ristorante Il Duetto, erwartet die ersten Gäste. Seine Verzweiflung merkt man ihm an. «Ich fühle mich traurig, bin aber auch nervös und aggressiv. Ich habe immer mein Bestes geben wollen. Nun habe ich das Vertrauen verloren.» Als er vor vier Jahren den Mietvertrag mit der Gemeinde, welche Eigentümerin der Liegenschaft ist, unterschrieb, war er sich bewusst, dass es ein altes Gebäude ist. Bereits Ende Januar 2020 habe er eine Mängelliste erstellt und auf etliche Defekte hingewiesen. Passiert sei allerdings wenig, ausser neuer Farbe im WC und im Saal. Immer wieder sei er hingehalten worden. So sei der Kühlschrank des Buffets erst im Mai dieses Jahres repariert worden. Was ihn am meisten an seine Arbeit behindert, ist der 50 Jahre alte Dunstabzug, der nicht richtig funktioniert. Palmeri zeigt ein kurzes Video. Sobald gebraten oder frittiert wird, ist nur noch eine riesige Rauch- und Dampfwolke zu sehen, welche bis in die Gaststube zieht. «Ich musste meine eigenen Geräte wie die Fritteuse, den Grill für Fleisch, denjenigen für Fisch sowie den Pizzaofen ausser Betrieb setzen – zu gross waren die Emissionen.»

Die nächste Baustelle liegt an der Decke des Gefrierraums. Hier sieht man ein riesiges Loch. Alles bröckelt. Betroffen sind davon auch etliche Lebensmittel – Fonds, Saucen, Sugos. Kleinteile der Decke sind in die fertig hergestellten Produkte gelangt. Palmeri kann diese nicht mehr verwerten. «Viel Arbeit, viele Kosten für teure Zutaten.» Auch das Lebensmittelinspektorat habe dieses Loch bemängelt und mit einer Schliessung des Lokals gedroht, falls der Defekt nicht bis im August behoben sei. Angst macht ihm auch die Verbindung von Wasser und elektrischen Kabeln. «Wo bleibt die Feuerpolizei? Die Sicherheit ist nicht gewährleistet.»

«Kein Budget», hiess es immer wieder

Immer wieder habe es durch die zuständigen Mitarbeiter der Gemeinde geheissen – «kein Budget». Dabei seien die Probleme der Infrastruktur schon von den letzten zwei Pächtern festgestellt worden. «Die Gemeinde hat mich und meine Probleme ignoriert. Dabei habe ich zahlreiche Auszeichnungen für meine mediterrane Küche erhalten.» Der 50-jährige gebürtige Sizilianer spricht auch die Probleme mit dem ehemaligen Eigentümer der Privatbrauerei an. Es sei nie klar geregelt gewesen, wie die Zuständigkeiten ausfallen sollten. Palmeri spricht die Ölbestellungen für die Heizung und die fehlenden Zähler für eine korrekte Aufteilung der Kosten an, genauso wie das Problem der WC-Benutzung durch Gäste der Brauerei.

Nach eigenen Angaben habe Palmeri rund 400 000 Franken in Form von Mobiliar, Küchengeräten und elektrischen Installationen persönlich bezahlt. Nun fordert er Geld von der Gemeinde zurück, denn er will vor Gericht ziehen. Eigentlich wäre der Mietvertrag erst Ende 2024 ausgelaufen. Die Gemeinde hat ihn nun bereits per Ende März gekündigt, nicht zuletzt, weil der Pächter seit Juni die Miete nicht mehr zahle. «Ich wusste mir nicht mehr anders zu helfen», sagt Palmeri. «Eigentlich würde ich gerne hierbleiben und meinen Gästen eine gastronomisch hochstehende Küche anbieten. Doch dazu brauche ich eine intakte Infrastruktur.» Sein Rat an die Eigentümerin der Liegenschaft – «das Restaurant eine Weile lang geschlossen halten, in der Zwischenzeit Küche und Lüftung reparieren sowie ein behindertengerechtes WC einbauen.» Dann könnte der Löwen wieder das sein, was alle sich wünschen – ein schönes Lokal im Dorfkern, ein Treffpunkt für die Bevölkerung.

Die Gemeinde sieht es anders

Ganz anders sieht es allerdings die Gemeinde. Gemeindepräsident Marco Dindo betont, dass es nie so gravierende Mängel gegeben habe, dass die Nutzung der Mietsache verunmöglicht worden sei. «Gravierende Mängel konnten jeweils umgehend behoben werden, da es sich um gebundene Ausgaben gehandelt hat.» Bei planbaren, weniger gravierenden Mängeln habe der normale Budgetprozess durchlaufen werden müssen. «Der Ersatz der Dunstabzugshaube wurde bereits auf Anfang Jahr eingeplant und war nach Absprache mit dem Mieter in dessen Betriebsferien im Oktober dieses Jahres vorgesehen.» Aufgrund der aktuellen Vorkommnisse mit dem Mieter hat sich die Gemeinde in der Zwischenzeit jedoch entschieden, eine sorgfältige Gesamtanalyse zur Gebäudesanierung vorzunehmen. Die Gemeinde wird ein brandschutztechnisches Gutachten in Auftrag geben, um den aktuellen Handlungsbedarf noch einmal zu prüfen.

Für 800 000 Franken wurde energetisch saniert

Von einer desolaten Infrastruktur will Dindo nichts wissen. «Die Gemeinde hat das Lokal vor einiger Zeit zurückgekauft und seither ohne grössere Probleme mehrfach verpachtet.» Zwischen 2015 und 2017 habe man für rund 800 000 Franken eine energetische Sanierung des Gasthofs inklusive neuer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung durchgeführt, Reparaturen erledigt und Geräte ersetzt. Service und kleinerer Unterhalt seien vertraglich Sache der Mieterschaft. Eine Grundsanierung von Küche, Gesamtbelüftung, sanitären Anlagen und Keller wäre zwar denkbar, doch hier stelle sich die Frage nach der Finanzierbarkeit. «Die Liegenschaft befindet sich im Finanzvermögen der Gemeinde und muss demnach in sich selbst kostenneutral oder selbsttragend sein.» Dies treffe seit einiger Zeit nicht mehr zu und wäre durch eine Gesamtsanierung auch während der nächsten Jahrzehnte nicht gewährleistet.

Inwiefern es Sinn mache, dass die Gemeinde an dieser Liegenschaft festhalte und sie aufgrund anstehender teurer Sanierungen nicht besser verkaufe, äussert sich Dindo wie folgt. «Der Gemeinderat prüft diese Thematik regelmässig bei der Überarbeitung seiner Liegenschaftenstrategie.» Da die Liegenschaft aber auf Wunsch der Bevölkerung vor noch nicht allzu langer Zeit extra zurückgekauft wurde, um das Restaurant zu erhalten, stehe diese Option nicht im Vordergrund. Dass aus dem Löwen eine Asylunterkunft entstehen könnte, weist der Gemeindepräsident von sich. «Eine Umwandlung in eine Asylunterkunft steht zurzeit nicht zur Debatte.» Wie der Fall weitergeht, wird nun wohl das Gericht entscheiden müssen.

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