Was die Glattfelder Bevölkerung beschäftigt

Standortwahl geologisches Tiefenlager

| Yvonne Russi

Letzte Woche lud die Gemeinde Glattfelden die Einwohnerinnen und Einwohner zu einer Informationsveranstaltung im Riverside ein. Dabei standen Clemens Bolli (Bundesamt für Energie), Matthias Braun (CEO Nagra), Martin Neukom (Regierungsrat des Kantons Zürich) den Besuchern Rede und Antwort.

Informationen aus erster Hand zum geplanten Endlager-Standort bot der Anlass in Zweidlen, an welchem etwas weniger als hundert Personen teilnahmen. Den Puls der Bevölkerung zu dieser Sachlage nahmen nicht nur die Referenten mit, sondern auch der fast vollständig anwesende Gemeinderat.

 

Nach einer kurzen Begrüssung durch Gemeindepräsident Marco Dindo griff Clemens Bolli vom Bundesamt für Energie mit Informationen zur Sachlage «Sinkende Immobilienpreise und allfällige Vergütungen» gleich zu Beginn unaufgefordert ein brisantes Thema auf. In seinem Kurzreferat wies er darauf hin, dass ein Faktenblatt (Link am Ende des Beitrags) zu den Immobilienpreisen im Kontext zum geplanten Tiefenlager Nördlich Lägern publiziert werde. Dies mit dem Fazit, dass es keine Anzeichen für eine drastische Abwertung von Immobilien in den betroffenen Gemeinden gebe.

 

Nach dieser geschickt gewählten Ansprache, welche Fragen zu Wertverlusten an Immobilien so zuvorkam, stellten sich die Experten des Bundes, der Nagra und den Regierungsvertretern den Fragen und Anliegen der Besucher.

 

Nachfolgend eine Auswahl der Themen, welche Glattfelden beschäftigt:

Weiss man schon, wo wird das eigentliche Tiefenlager zu liegen kommt?

Nein, das wird erst zu einem späteren Zeitpunkt, bei der Eingabe der Baubewilligung final festgelegt. Dieses Vorgehen bietet die Möglichkeit, die neusten technischen und wissenschaftlichen Fortschritte noch miteinbeziehen zu können. Weiter wurde ausgeführt, dass das eigentliche Endlager lediglich 3 bis 5 Quadratkilometer (Anmerkung: Dies entspricht einer Fläche von 420-700 Fussballfelder resp. 25% bis 40% unserer Gemeindefläche).

Gibt es bereits Pläne, wie der Abtransport des Aushubs organisiert wird?

Nein, denn es gibt noch kein fertig ausgearbeitetes Projekt. In Zusammenarbeit mit den Regionen soll hierzu die bestmögliche Lösung ausgearbeitet werden.

Weiss man schon, welche Gemeinden in Genuss der 800 Millionen Franken Abgeltungszahlungen kommen?

Aktuell gebe es noch keine gesetzlichen Richtlinien für diese Abgeltungszahlungen. Die angesprochenen 800 Millionen seien auch noch nicht gesichert. Der Kanton Zürich will sich aber dafür einsetzen, dass Abgeltungen geleistet werden.

Werden mit den Abgeltungen auch Immobilen-Besitzer entschädigt, welche eine Wertminderung zu beklagen haben?

Die Abgeltungen sind nicht als Kompensation von Wertverlusten auf Immobilien vorgesehen. Weiter wird nicht davon ausgegangen, dass das geplante Tiefenlager keinen grossen Einfluss auf die Immobilienwert haben wird. Und falls doch, wird es schwierig sein, den Kanton für eine Zahlung des Wertverlustes einzuklagen.

Aufgrund der Bewertung von 13 Kriterien wurde der Standort «Nördlich Lägern» im Jahre 2015 zurückgestuft. Ausschlaggebend waren damals das Platzangebot und mögliche bautechnische Schwierigkeiten bei einer Endlagertiefe von über 800 Meter. Was hat sich gegenüber der Bewertung von 2015 geändert, dass nun doch «Nördlich Lägern» zum Zuge kam? Warum findet man den Kriterienkatalog nicht online?

Die Entscheidung für den Standort «Nördlich Lägern» wurde mittels des gleichen Kriterienkataloges getroffen (Anmerkung der Redaktion: Platzangebot und bautechnische Realisierung wurden neu bewertet). Aus diesem Kriterienkatalog wurde nun eine Präsentation erstellt, welche erst der Regionalkonferenz gezeigt, später dann weiteren Interessierten zugänglich gemacht werde. Ein ausführliches Dokument zur Veröffentlichung muss erst noch erstellt werden.

Können die Abfälle nicht wiederverwerten werden, anstatt in der Erde zu vergraben?

Die Wiederaufbereitung von radioaktiven Abfällen befindet sich noch in der Grundlagenforschung und stellt derzeit keine Alternative dar. Diese Aufbereitungsmöglichkeit funktioniert nur in einem Forschungsreaktor und von einer breiten Anwendung sind wir noch weit entfernt. Doch auch mit dieser Variante müssten die restlichen Abfälle immer noch in einem Tiefenlager gelagert werden.

Wurde geprüft, die Abfälle unter den Alpen zu vergraben?

Ja, diese Möglichkeit wurde geprüft. Das Problem in den Alpen ist, dass man kaum 100 Meter findet, in welchem das Gestein respektive die Gesteinsschichten nicht zerbrochen sind. In diesen Störungen läuft dann auch Wasser durch, was ein Endlager verunmöglicht. Dies wurde auch mit Probebohrungen belegt.

Warum müssen Brennstäbe im Zwischenlager Würenlingen überwacht werden und warum kann man in einem Tiefenlager sich diese sich selbst überlassen?

Die Brennstäbe in einem Zwischenlager liegen auch ohne Überwachung sicher, solange die Gesellschaft stabil ist. In einem Tiefenlager möchte man die Abfälle auch für gesellschaftlich instabile Zeiten sicher lagern.

Wie wird mit Entschädigungsforderung von Deutschland umgegangen?

Ein Ansatz könnte sein, die betroffenen Gemeinden ohne Berücksichtigung der Landesgrenzen zu evaluieren und später dann zu entschädigen.

Könnte Deutschland an der Grenze ein eigenes Tiefenlager bauen?

Der für ein Tiefenlager notwendige Opalinuston findet sich nur auf der Schweizer Seite ohne Störungen in der richtigen Tiefe. Für uns käme ein Tiefenlager auf deutschem Gebiet nicht in Frage, da dort der Opalinuston zu weit an der Oberfläche liegt.

Wie werden die lokalen Behörden die Interessen der Bevölkerung wahrnehmen?

Die Glattfelder Behörden sind mit Weiach und Stadel in direktem Kontakt. Auch ist Glattfelden Mitglied in der Regionalkonferenz «Nördlich Lägern» und können so Anliegen direkt einbringen.

 

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