Linke Schule?

Glattgedanken

| Christian Ulrich

«Es herrscht wenig Toleranz gegenüber rechten Meinungsäusserungen». Dies schreibt Mick Biesuz als Co-Autor in seiner Maturaarbeit über den Unterricht an der Kantonsschule Baden (TA vom 2. Juli 2022). Die Arbeit scheint eine nationale Debatte auszulösen über die Frage: Hat der Schulunterricht einen Linksdrall? Dazu beigetragen hat vor allem der Aargauer SVP-Bildungsdirektor Hürzeler, der in Eigenregie sofort das Meinungsforschungsinstitut Sotomo mit einer Studie beauftragte. In einer repräsentativen Befragung soll untersucht werden, ob an den Aargauer Mittelschulen die Neutralität eingehalten werde.

 

Noch bevor Sotomo auch nur einer Person eine Frage gestellt hatte, fühlte sich die SP bereits angegriffen und Co-Präsident Wermuth bezeichnete den Forschungsauftrag als «politische Kampagne» und «Angriff auf das Bildungssystem». Hürzeler verhalte sich wie «Orban in Ungarn, Trump in den USA, Putin in Russland.»

 

Ich verstehe diese heftige Reaktion überhaupt nicht. Erstens ist noch gar nichts untersucht worden, und zweitens verleiht Wermuths medienwirksames Aufbrausen der Sache mehr Beachtung, als sie verdient. Ich gehe mit Biesuz einig, wenn er festhält: «Wermuth sollte eigentlich selbst das grösste Interesse daran haben, dass die politische Neutralität an den Schulen seriös und wissenschaftlich unter die Lupe genommen wird.»

 

Allerdings hege ich grosse Zweifel an der Wissenschaftlichkeit einer solchen Untersuchung. Hier geht es nicht um mathematische oder physikalische Werte, sondern um persönliche Ansichten. Ob ich eine politische Haltung als links oder rechts empfinde, hat doch vor allem mit meiner Stellung in der Politskala zu tun. Hätte denn – als Beispiel - mein Unterricht Linksdrall, wenn ich mit der Klasse das neue Wassergesetz besprechen würde und – im Gegensatz zur SVP – sagen würde, ich fände es gut?

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