Gottfried und Judith bleiben Standort treu

Nest wurde zu stattlichem Horst ausgebaut

| Iris Tschabold und Yvonne Russi

Die beiden Glattfelder Störche scheinen sich bei uns wohlzufühlen. Vielversprechend ziehen sie auf dem Schornstein der alten Spinnerei 3 Junge auf. Der Erstflug der Jungtiere steht kurz bevor.

Seit vier Jahren bereichern die schönen Vögel unser Dorfbild und erfreuen viele von uns. Jeweils im Frühling kehren sie aus südlichen Gebieten zu uns zurück, bauen an ihrem Nest weiter und kümmern sich, wenn es geklappt hat, um die Aufzucht der Jungtiere.

 

Im ersten Jahr im 2019 war das Storchenpärchen Gottfried und Judith, sie wurden auf diese Namen nach einer App-Umfrage getauft, noch nicht sonderlich erfolgreich. Der erste Bauversuch für ein Nest auf dem Kirchenschiff der reformierten Kirche fiel nicht sonderlich stabil aus. Und so beendete ein Frühsommersturm diesen ersten Siedlungsversuch jäh und wehte das Nest vom Kirchendach.

Ein Jahr später entschieden sich die Störche für einen geeigneteren Horstplatz. Diesen fanden sie hoch über den Dächern auf dem Kamin der alten Spinnerei. Anfangs Mai 2020 schlüpften zwei Storchenküken, welche fürsorglich aufgezogen wurden. Doch das Elternglück war von kurzer Dauer. Mitte Mai waren keine Bewegungen der beiden Küken mehr auszumachen. Wenige Tage später bestätigten sich die schlimmsten Befürchtungen, denn ein Altstorch warf die Babykadaver aus dem Nest den Schornstein hinunter.

 

Letztes Jahr klappte es mit dem Storchennachwuchs besser. Ein Storchenküken schlüpfte Ende Mai und wurde wohlbehütet aufgezogen. Flügge wurde dieses dann zwei Monate später, so gegen Ende Juli 2021.

Übung macht den Meister

Heuer erblickten gleich drei Küken das Licht von Glattfelden. Da Störche bei Bruterfolg wieder zum selben Nest zurückkehren, dürfte es sich um das gleiche Storchenpaar vom 2021 handeln. Und um der Storchengeschichte der letzten Jahre zu folgen, nennen wir das Paar wiederum Gottfried und Judith, die Glattfelden treu geblieben sind (die Ornithologen unter uns, mögen diese grosszügige Auslegung der Storchentreue zu entschuldigen).

Angetrieben durch Misserfolge der ersten zwei Jahre perfektionierten die beiden Glattfelder ihre Aufzucht soweit, dass die Küken im Vergleich zum Vorjahr gar drei Wochen früher schlüpften.

Da Störche jedes Jahr fleissig ihr Nest ausbauen, ist es auch dieses Jahr um einiges gewachsen und der Nestrand wurde so höher und höher. Diesem Umstand geschuldet war es den Storchen-Paparazzi unmöglich zu erkennen, wann genau die drei Küken geschlüpft sind. Doch es wurde beobachtet, dass die beiden Altstörche anfangs Mai die Fütterung aufnahmen. Sie würgen die Nahrung aus dem Kehlsack hervor und füttern damit ihren Nachwuchs.

Gegen Ende Mai sah man dann erstmals die Küken. Sie hatten an den Flügeln schon erste Ansätze von "richtigen Federn". Bereits «klappern» die Drei um die Wette, lernen auf einem Bein das Gleichgewicht zu halten und trainieren ihren Flügelschlag. Auch versuchen sie, wie die Grossen, sich rückwärts über den Nestrand hinaus ihrem «Geschäft» zu entledigen. Und da Gefiederpflege für einen Storchen sowieso das A und O ist, üben sie sich auch in diesem Unterfangen.

Nun, Ende Juni, waren die ersten Fluglektionen auf dem Ausbildungsprogramm. Mit hüpfenden Flugversuchen über dem Nest versuchen sie, ihre Flügel zu kontrollieren und ihrem Körper mit gezielten Flügelschlägen Auftrieb zu verleihen.

In den kommenden zwei Wochen werden sie vermutlich schon ihren ersten Flugversuch vom Kamin aus wagen. Und das ist auch gut so, denn mit jedem neuen Tag wird das Nest für Gottfried, Judith und die drei Jungstörchen kleiner und kleiner.

Im Herbst geht es dann bereits - dem Süden entgegen - auf die erste grosse Reise. Und Gottfried und Judith dürften wir, nach diesem grossartigen Bruterflog, im nächsten Jahr wiederum bei uns antreffen. Und die Erfolgsgeschichte dürfte weitergehen, denn im Schnitt brüten Störche 3.8 Junge aus. Mal sehen, was uns das 2023 bescheren wird.

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