Historische Personalie

Glattgedanken

| Christian Ulrich

Welch stolze Indianerin!“, entfuhr es mir, als ich am 17. März den Tages-Anzeiger aus dem Briefkasten holte und mir von der Titelseite die US-Kongressabgeordnete Deb Haaland in die Augen sah. Sie ist die erste indigene Ministerin der USA, gehört zum Volk der Laguna Pueblo und ist verheiratet mit einem Nachkommen einer aus Norwegen eingewanderten Familie. Ihr schönes, scharf geschnittenes Gesicht mit den hohen Backenknochen, eingerahmt vom langen, kohlschwarzen Haar erinnerte mich sofort an Fotos von berühmten Indianerhäuptlingen aus Büchern in meiner Bibliothek.

 

Ihre Wahl zur US-Innenministerin ist historisch und für mich ein absolutes Highlight im pandemiegeplagten Frühling 2021. Erstmals in der Geschichte der USA ist eine Ministerin für die Ureinwohner zuständig, welche in der Vergangenheit getötet, vertrieben, mit Landverträgen x-mal übers Ohr gehauen und in mickrige Reservate gesperrt wurden. Ihre Hauptaufgabe wird sein, ein Stück Vertrauen der Ureinwohner Amerikas in die Regierung in Washington aufzubauen.

 

Mein eingangs erwähnter Ausruf wäre mir beinahe im Hals stecken geblieben. Nur Stunden später erhielt ich nämlich eine E-Mail von einer Organisation, die sich gegen rassistische Berichterstattung wehrt. Und diese Leute taxieren das I-Wort, das mir seit meiner Jugend geläufig ist, als rassistisch: „Dieser Begriff wurde im Zuge der Kolonialisierung Nord- und Südamerikas der damaligen Bevölkerung aufgezwungen und steht im Zusammenhang mit der brutalen Vernichtung von Native Americans. (...) Solche Sprache tolerieren wir nicht mehr!“

 

Das I-Wort hat für mich nicht denselben Beigeschmack wie das N-Wort, und es wurde den Menschen auch nicht „aufgezwungen“. Aber es entstammt einer Fehleinschätzung von Kolumbus und ist ganz einfach falsch. Ich werde es schweren Herzens aus meinem Vocabular streichen.

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